Statine für (fast) alle HIV-Patienten |
Annette Rößler |
04.03.2024 14:30 Uhr |
Eine neue Empfehlung in den USA sieht vor, dass HIV-Patienten ab 40 Jahren ein Statin einnehmen, um kardiovaskulären Ereignissen vorzubeugen. / Foto: Adobe Stock/vegefox.com
Menschen mit HIV-Infekion haben verglichen mit der Allgemeinbevölkerung ein bis zu doppelt so hohes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Die Gründe hierfür sind wohl vielfältig. Ein Faktor ist wahrscheinlich, dass die antiretrovirale Therapie (ART) zu einem Anstieg des LDL-Cholesterols (LDL-C) führen kann. Dies stellt allein jedoch keine ausreichende Erklärung dar; vermutlich spielt auch eine Daueraktivierung des Immunsystems mit chronischer Entzündung, die bei HIV-Patienten auch unter ART noch vorhanden ist, eine Rolle.
Statine senken einerseits das LDL-C, haben darüber hinaus aber auch pleiotrop-antioxidative und -antiinflammatorische Effekte. Vor diesem Hintergrund wurde in der REPRIEVE-Studie untersucht, ob HIV-Patienten, die aufgrund ihres niedrigen bis moderat erhöhten kardiovaskulären Risikoprofils eigentlich keine Kandidaten für eine Statinverordnung gewesen wären, von der Einnahme eines Statins profitieren. Die Antwort war ein klares Ja: Eine 35-prozentige Reduktion des Risikos für schwere kardiovaskuläre Ereignisse in der Statingruppe führte dazu, dass die Studie nach 5,1 Jahren vorzeitig gestoppt wurde. Verglichen worden war die Einnahme von 4 mg Pitavastatin täglich mit Placebo bei HIV-Patienten im Alter zwischen 40 und 75 Jahren (»New England Journal of Medicine«, DOI: 10.1056/NEJMoa2304146).
Mit dem deutlichen Ergebnis der REPRIEVE-Studie begründet jetzt die US-amerikanische Gesundheitsbehörde NIAID eine Änderung der Empfehlungen zur Therapie von HIV-Patienten. Demnach sollen in den USA Menschen mit HIV-Infektion, die zwischen 40 und 75 Jahre alt sind, auch bei ansonsten niedrigem kardiovaskulären Risiko ein mindestens mittelstark wirksames Statin erhalten. Bevorzugt gegeben werden soll Pitavastatin 4 mg täglich, mögliche Alternativen sind Atorvastatin 20 mg täglich oder Rosuvastatin 10 mg täglich. Für Personen unter 40 Jahren reichten die Daten für eine Empfehlung für oder gegen eine Statintherapie als Primärprävention nicht aus, heißt es – diese waren an der REPRIEVE-Studie ja auch nicht beteiligt gewesen.