Sportsalben im Check |
Vor allem an den Extremitäten etwa am Arm, dem Sprunggelenk oder Fuß sowie dem Knie kann man mit einer topischen Therapie erfolgreich sein. Das Hüftgelenk ist kein geeigneter Applikationsort, da der Weg zum gewünschten Wirkort zu weit ist. / Foto: Getty Images/Biserka Stojanovic
Topische nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) sind die Mittel der Wahl, wenn es um die Behandlung stumpfer Sportverletzungen oder akuter Schmerz- und Entzündungszustände an Muskeln und Gelenken etwa infolge einer Arthrose geht. Zwar ist der Placeboeffekt, den die Massage beim Einreiben der Zubereitung und gegebenenfalls die Kühlwirkung erzielen, nicht wegzudiskutieren. Dennoch gilt die analgetische Wirksamkeit von Diclofenac-, Ibuprofen-, Ketoprofen- oder Piroxicam-Topika als gesichert. Und: Sie ist gemäß verschiedenen nationalen und internationalen Leitlinien etwa zur Gonarthrose der oralen NSAR-Applikation vorzuziehen.
So sind 2017 Forschende bei einem Überblick aller Cochrane-Reviews zu topischen Analgtika bei akuten und chronischen Schmerzen zu dem Schluss gekommen, dass es gute Evidenz für topische Diclofenac- und Ketoprofen-Arzneimittel bei akuten Schmerzen gebe, es allerdings auf die genaue Formulierung der einzelnen Präparate ankomme. Ein Review mit 43 Studien aus dem »British Journal of Sports Medicine« aus dem Jahr 2018 besagt, dass durch ein Diclofenac-Pflaster der beste schmerzlindernde Effekt erzielt werden konnte, gefolgt von Gelen mit Ibuprofen, Piroxicam, Diclofenac und Ketoprofen. Die stärkste funktionsverbessernde Wirkung dabei hatte Piroxicam.
Klinische Studien, die die einzelnen NSAR miteinander vergleichen, liegen nicht vor; ebenso wenig ist die Datenlage nach den Ausführungen der Wissenschaftler der Cochrane Collaboration begrenzt, um konkrete Aussagen über die Vergleichbarkeit von topischer und oraler NSAR-Anwendung treffen zu können.
Für einen Therapieversuch spricht die gute Datenlage zur Sicherheit. Systemische Nebenwirkungen treten laut einem Review aus dem Jahr 2019 in »Drugs Aging« nach topischer NSAR-Anwendung nicht häufiger auf als unter Placebo. Lokale unerwünschte Wirkungen äußern sich vor allem als Hautirritationen wie Trockenheit, Kontaktdermatitis, Juckreiz und unter Ketoprofen selten auch als Photodermatitis. Letzteres war übrigens der Grund, die Substanz der Verschreibungspflicht zu unterstellen.
Entscheidend für die Wirkung ist, dass der Arzneistoff bis an die verletzten Strukturen vordringen und dort ausreichend lange wirken kann. Das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Permeation ist deshalb nicht nur abhängig von den Eigenschaften und der Konzentration des jeweiligen Wirkstoffs, sondern vor allem auch von der galenischen Formulierung.
So zeigen Untersuchungen zur Permeationsfähigkeit von Ibuprofen aus unterschiedlichen Formulierungen, dass eine fünfprozentige Mikrogel-Formulierung (doc® Ibuprofen Schmerzgel, dolgit® Mikrogel) einer O/W-Creme (ibutop® Creme) gleicher Konzentration deutlich überlegen ist. Das Mikrogel zeigt eine um den Faktor 4 größere permeierte Wirkstoffmenge pro Fläche und Zeit. In vivo ist deshalb mit einer schnelleren und effizienteren Schmerzlinderung zu rechnen. Grund für die guten Wirkeigenschaften ist neben der Tatsache, dass der Arzneistoff in gelöster Form vorliegt, die Beschaffenheit des Mikrogels. Zusätze von Dimethylisosorbid, mittelkettige Triglyceride und Isopropanol reduzieren die Barriereeigenschaft der Hornhaut für den Wirkstofftransport.
Auch zwischen Diclofenac-Präparaten gibt es Unterschiede. In einer von Ratiopharm unterstützten Studie verglichen Wissenschaftler die transdermale Permeation von drei unterschiedlichen topischen Diclofenac-Zubereitungen: eine einprozentige liposomale Gelformulierung mit Diclofenac-Natrium (etwa in Diclo-ratiopharm® Schmerzgel) und zwei Emulsionen mit 1,16 Prozent beziehungsweise 2,32 Prozent Diclofenac-Diethylamin (etwa in Voltaren® Schmerzgel/forte). Es zeigte sich, dass der Wirkstoff aus der liposomalen Gelformulierung besser durch die Haut aufgenommen wurde als aus dem einprozentigen Emulsionsgel. Erstere sorgte dafür, dass die eingedrungene Wirkstoffmenge nach neun Stunden dreimal so hoch wie beim einprozentigen Emulsionsgel war.
Nach 48 Stunden lag die permeierte Wirkstoffmenge bei der einprozentigen Liposomenformulierung mit fast 20 Prozent immer noch deutlich höher als beim einprozentigen Emulsionsgel mit 11 Prozent. Ein Vergleich mit dem zweiprozentigen Emulsionsgel ist nur bedingt möglich, da hier eine doppelt so große Menge Gel aufgetragen wurde. Ist zwischen dem einprozentigen Emulsionsgel und dem Liposomengel zu wählen, ist Letzteres also der Punktsieger.
Worauf ist die gute Wirksamkeit des Liposomengels zurückzuführen? Es besteht aus kleinen, mit Flüssigkeit gefüllten Vesikeln, eben den Liposomen, deren Hülle ähnlich wie eine Zellmembran aus einer Phospholipid-Doppelschicht aufgebaut ist. Dank der ähnlichen Struktur können die Liposomen mit der Haut fusionieren und den Wirkstoff einschleusen.
Einige Patienten bevorzugen auch pflanzliche Alternativen. Gut, dass verschiedene Untersuchungen der vergangenen Jahre den Kenntnisstand über die Wirkweise von traditionellen Arzneipflanzen erheblich erweitern konnten. So können heute Topika mit Pflanzenextrakten etwa aus Arnika (wie Doc® Arnika Creme, Arnika-Salbe Weleda®) oder Beinwell als ernst zu nehmende Alternative zu topischen NSAR sowohl bei stumpfen Sportverletzungen als auch bei Gelenkerkrankungen und Muskelschmerzen gesehen werden.
Klinische Studien sowohl für eine Salbe mit Pyrrolizidin-freiem Beinwellkonzentrat aus Blüten und Blättern (wie Traumaplant® Schmerzcreme) als auch mit Pyrrolizidin-freiem Beinwellwurzelfluidextrakt (wie Kytta® Schmerzsalbe) belegen eine abschwellende, antiinflammatorische und analgetische Wirksamkeit. Und die war gemäß einer Studie mit Erwachsenen, die sich eine unkomplizierte Sprunggelenksverletzung zugezogen hatten, mit der von Diclofenac-Gel vergleichbar. Traumaplant ist die einzige halbfeste Zubereitung zur Behandlung von stumpfen Sportverletzungen, die auch auf begleitende Schürfwunden aufgetragen werden darf.