Spikevax-Booster hebt Antikörpertiter deutlich an |
Theo Dingermann |
17.12.2021 09:06 Uhr |
Ersten Labordaten zufolge erhöht ein Booster mit dem Moderna-Impfstoff Spikevax den Schutz vor Omikron deutlich. / Foto: Adobe Stock/B.Stefanov
Obwohl die Omikron-Variante von SARS-CoV-2, die bis zu 36 Mutationen im Spike-Protein und davon 15 in der Rezeptorbindungsdomäne aufweist, erst Ende letzten Monats erstmals identifiziert wurde, ist bereits jetzt gut belegt, dass dieses Virus deutlich weniger empfindlich auf die Neutralisierung durch Antikörper reagiert, die gegen Spike-Proteine anderer bedenklicher Virusvarianten (VOC) gebildet wurden.
Auf der anderen Seite konnte mehrfach gezeigt werden, dass eine Booster-Impfung mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff Comirnaty® einen Impfschutz deutlich erhöht.
Jetzt haben Wissenschaftler um Nicole A. Doria-Rose vom Vaccine Research Center des National Institute of Allergy and Infectious Diseases am NIH in Bethesda gezeigt, dass auch eine Booster-Impfung mit Spikevax®, dem mRNA-Impfstoff der Firma Moderna, die Neutralisationstiter gegen Omikron signifikant steigert.
Um das potenzielle Risiko der Omikron-Variante für bestehende Impfstoffe zu bewerten, wurden identische Serumproben von Teilnehmern, die in der COVE-Studie zwei Standardimpfungen mit Spikevax® (100 µg) erhalten hatten, in zwei unabhängigen Laboratorien mit einem auf Lentiviren basierenden Pseudovirus-Assay auf das Neutralisierungspotenzial gegenüber Omikron getestet.
Eine Untergruppe Proben wurde so ausgewählt, dass sie hohe Titer neutralisierender Antikörper gegen eine Wuhan-Variante enthielten, die allerdings die für verschiedene VOCs typische D614G-Mutation trägt. Die Omikron-Variante hingegen enthält diese Mutation nicht. Eine zweite Untergruppe bildeten Seren mit einem moderaten Titer gegen die modifizierte Wuhan-Variante, um mögliche Verzerrungen bei der Bewertung durch hochtitrige Seren zu vermeiden.
Darüber hinaus testeten beide Laboratorien auch Serumproben von Studienteilnehmern, die später eine Booster-Impfung mit 50 µg Spikevax® erhalten hatten. In die einen Gruppe waren Probanden eingeschlossen, die neun Monate nach der zweiten Dosis eine dritte Dosis erhalten hatten. Die andere Gruppe waren Probanden, die eine Booster-Impfung mindestens vier Monaten nach der Grundimmunisierung erhalten hatten.
Die Ergebnisse waren beeindruckend. Für Seren von Doppeltgeimpften lagen die mittleren ID50-Titer für die Omikron-Variante circa 84- beziehungsweise 49-mal niedriger als für die Wuhan-Variante. Die ID50-Titer für die Beta-Varianten lag hingegen »nur« um 13,6- beziehungsweise 9,2-fach niedrigeren als die Titer der Wuhan-Variante. Der Neutralisationstiter (ID50) beschreibt den Titer, der zu einer 50%igen Hemmung einer Bindung zwischen Antigen und Antikörper führt.
Demgegenüber wurde mit den Seren von geboosterten Probanden deutlich geringere Einbrüche bei den Neutralisationstitern beobachtet. Im Vergleich zu den nicht geboosterten Proben wurde eine etwa 12-fache Verbesserung der Omikron-Neutralisation beobachtet, sodass Omikron in diesen Fällen nur noch 6,5- beziehungsweise 4,2-fach schlechter neutralisiert wurde, als die Wuhan-Variante. Eine Verbesserung der Neutralisierung nach dem Boost wurde auch für die Beta-Variante festgestellt (3,4- beziehungsweise 2,6-fach schlechter neutralisierbar als die Wuhan-Variante).
Eine Booster-Impfung führte also zu einer deutlichen Verbesserung des Neutralisierungspotenzials sowohl gegenüber der Omikron- als auch gegenüber der Beta-Variante. Geringfügige Unterschiede in der Titerreduzierung zwischen den beiden Labors lassen sich möglicherweise durch Probensätze erklären, die nicht völlig identisch waren.
In einer separaten Analyse wurden aufeinander folgende Serumproben von sieben Teilnehmern untersucht, die im Rahmen einer klinischen Studie geimpft und geboostet wurden. Ermittelt wurden die Neutralisationstiter für die Wuhan-, die Beta- und die Omikron-Variante. Diese Proben wurden zwei Wochen nach der zweiten Dosis, vor der Auffrischung und zwei Wochen nach der Auffrischung entnommen. Zwei Teilnehmer wurden fünf bis sechs Monate nach der zweiten Dosis, aber noch vor der Booster-Impfung, infiziert, zu einer Zeit, als Alpha und Delta in den USA die dominanten Varianten bildeten.
Die mittleren Neutralisationstiter waren zwei Wochen nach der zweiten Dosis am höchsten gegen die Wuhan-Variante und am niedrigsten gegen die Omikron-Variante, wobei die Titer gegen Omikron 35,1-fach und die Titer gegen Beta 8,9-fach niedriger waren als gegen die Wuhan-Variante.
Die Titer der fünf nicht infizierten Teilnehmer sanken bis zum Tag der Boosterung erheblich ab und stiegen zwei Wochen nach der Boosterung stark an, bis sie die Titer nach der zweiten Dosis übertrafen; dies galt für alle drei Varianten. Der Anstieg der mittleren Neutralisationstiter nach dem Boosten im Vergleich zu einer zweiten Dosis betrug bei diesen fünf Teilnehmern das 12,6-Fache für Omikron und das 6,7-Fache für Beta.
Die Ergebnisse für die beiden Teilnehmer, die sich zwischen der zweiten Dosis und der Auffrischung infiziert hatten, zeigten, dass eine Infektion mit einer früheren Variante die Impfstoffreaktion auf alle drei Varianten verstärken kann und dass eine zusätzliche Auffrischung des Impfstoffs diese Reaktion weiter steigern kann.
Das Unternehmen Moderna äußert sich zu der Studie wie folgt: »Nach der Primärserie mit zwei Impfungen wiesen die Personen zwar nachweisbare neutralisierende Antikörper gegen Omikron auf. Diese neutralisierenden Antikörpertiter waren jedoch im Vergleich zum ursprünglichen Virustyp deutlich niedriger. Eine 50-µg-Booster-Dosis Spikevax erhöhte die neutralisierenden Antikörpertiter gegen Omikron jedoch signifikant.«
Gerald Wiegand, Country Director Germany, kommentiert die Studie: »Dies sind ermutigende erste Daten und Moderna arbeitet aktiv an seiner dreiteiligen Strategie zur Bekämpfung der Omikron-Variante. Wir erwarten in der kommenden Woche Daten zur 100-µg-Boosterdosis und zu unseren multivalenten Impfstoffkandidaten.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.