Sotorasib schließt Therapielücke bei Lungenkrebs |
Kerstin A. Gräfe |
04.03.2022 09:00 Uhr |
Sotorasib kann Hepatotoxizität verursachen. Die Patienten sind in den ersten drei Behandlungsmonaten alle drei Wochen und anschließend einmal monatlich oder je nach klinischer Indikation hinsichtlich ihrer Leberfunktion zu überwachen. Des Weiteren wurden unter der Therapie interstitielle Lungenerkrankungen und Pneumonitis beobachtet. Die Patienten sind daher hinsichtlich neuer oder sich verschlechternder die Lunge betreffender Symptome wie Dyspnoe, Husten und Fieber zu beobachten.
Die gleichzeitige Anwendung mit einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) oder einem H2-Rezeptorantagonisten wird nicht empfohlen. Ein lokal wirkendes Antazidum kann gegeben werden, allerdings sollte Sotorasib in diesem Fall entweder vier Stunden vorher oder zehn Stunden nachher eingenommen werden. Starke CYP3A4-Induktoren sollten nicht gleichzeitig mit dem neuen Arzneistoff gegeben werden.
In Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird eine Therapie mit Sotorasib nicht empfohlen. Frauen im gebärfähigen Alter, die den GTPase-Hemmer erhalten, müssen hochwirksame Verhütungsmethoden während der Behandlung und mindestens sieben Tage nach der letzten Dosis anwenden. Lumykras kann die Wirksamkeit hormoneller Kontrazeptiva reduzieren; eine zusätzliche Barrieremethode ist anzuwenden.
Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen der klinischen Phase-II-Studie CodeBreaK 100 mit 126 immun- und/oder chemotherapeutisch vorbehandelten Patienten, die fast ausnahmslos aktive oder ehemalige Raucher waren. Die tägliche Einnahme von 960 mg Sotorasib zeigte eine objektive Ansprechrate von 37,1 Prozent (primärer Endpunkt). Zum Vergleich: Die Ansprechraten von ebenfalls in der Rezidivsituation zugelassenen Mono-Chemotherapien liegen bei 10 bis 15 Prozent. Zudem erzielte die Sotorasib-Therapie ein medianes progressionsfreies Überleben von 6,8 Monaten sowie ein medianes Gesamtüberleben von 12,5 Monaten.
Insgesamt war die Behandlung gut verträglich. Die meisten Nebenwirkungen waren gastrointestinaler Natur und gut handhabbar. Als häufigste Nebenwirkungen traten Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit und ein Anstieg der Leberwerte auf.
KRAS-Mutationen nehmen eine Schlüsselrolle in der Karzinogenese ein, indem sie über die Aktivierung von Signalwegen Entstehung und Invasivität von Tumoren begünstigen. KRAS-Mutationen sind zum Beispiel bei etwa 30 Prozent aller Adenokarzinome der Lunge nachweisbar. Kein Wunder, dass schon seit vielen Jahren an KRAS-Inhibitoren gearbeitet wird. Daran hatten sich die Forschenden aber bislang die Zähne ausgebissen. Das Protein sei »undruggable«, hieß es häufig. Das stimmt offenbar nicht. Denn mit Sotorasib kam nun ein erster KRAS-Inhibitor auf den Markt. Allein dies rechtfertigt die Einstufung als Sprunginnovation. Das lange als »undruggable« angesehene KRAS-mutierte NSCLC ist damit zu einer zielgerichtet behandelbaren Erkrankung geworden. Dies gilt zumindest für die KRAS-Mutation G12C, die immerhin bei gut einem Achtel aller NSCLC nachzuweisen ist. Ein umfassendes Mutationsscreening einschließlich dieser KRAS-Mutation sollte daher Bestandteil der Diagnostik sein.
Äußerst positiv sind auch die bisherigen Studienergebnisse zu bewerten: Sotorasib erwies sich gut wirksam, was Parameter wie objektive Ansprechrate, Tumorkontrollrate und mediane Remissionsdauer belegen. Sehr gespannt darf man auf weitere Daten sein, denn die Sprunginnovation wird auch bei anderen Krebsarten, etwa Kolorektal- und Pankreaskarzinom, untersucht und auch die Prüfung als Erstlinientherapie bei NSCLC ist angelaufen.
Sven Siebenand, Chefredakteur