Somapacitan bei Mangel an Wachstumshormon |
Sven Siebenand |
06.12.2023 07:00 Uhr |
Ein Wachstumshormonmangel (Growth Hormone Deficiency, GHD) ist eine seltene Erkrankung, die im Kindes-, aber auch erst im Erwachsenenalter auftreten kann. / Foto: Adobe Stock/Saiful52
Von einem Wachstumshormonmangel (Growth Hormone Deficiency, GHD) sind schätzungsweise 60 von einer Million Kinder betroffen. GHD ist durch eine unzureichende Menge an Wachstumshormon (Somatropin, Growth Hormone, GH) gekennzeichnet. Dieses ist wichtig für das Längenwachstum bei Kindern und hat weitere Funktionen im Stoffwechsel, etwa hinsichtlich der Körperzusammensetzung sowie im Zucker- und Fettstoffwechsel.
Bei Kindern kann GHD zu einem verzögerten Wachstum führen, sodass die Kinder schließlich kleiner bleiben als durchschnittliche Gleichaltrige. Weitere Symptome können eine verminderte Knochendichte, eine langsame Entwicklung der Gesichts- und Röhrenknochen sowie ein verzögerter Zahndurchbruch sein. Auch im Erwachsenenalter kann die Erkrankung noch beginnen. Ursache sind dann meist Hypophysentumoren oder schwere Schädel-Hirn-Verletzungen. Symptomatisch äußert sich der Mangel etwa in Übergewicht mit vermehrtem Bauchfett und veränderten Blutfettwerten. Das Herzinfarktrisiko ist erhöht. Wegen geringerer Knochendichte ist auch das Frakturrisiko erhöht.
Schon seit vielen Jahren besteht die Möglichkeit einer Substitutionstherapie mit Somatropin. Auch langwirksame, einmal wöchentlich zu injizierende Präparate gibt es bereits: Somatrogon (Ngenla®) und Lonapegsomatropin (Skytrofa®). Diese sind momentan nur zur Behandlung von Kindern ab drei Jahren und Jugendlichen mit GHD zugelassen.
Im Gegensatz besitzt der Neuling Somapacitan auch eine Zulassung bei Erwachsenen mit Wachstumshormonmangel (Adult Growth Hormone Deficiency, AGHD). Es ist damit das erste einmal wöchentlich anzuwendende Präparat, das in beiden Altersklassen infrage kommt.
Somapacitan ist ein Derivat des humanen Wachstumshormons. An einer Stelle wurde eine Aminosäure ausgetauscht und eine albuminbindende Einheit eingefügt. Diese Seitenkette besteht aus einer Fettsäureeinheit und einem hydrophilen Spacer. Sie bewirkt eine verzögerte renale Elimination und ermöglicht so eine deutliche Verlängerung der Halbwertszeit und damit die wöchentliche Gabe.
Somapacitan wird subkutan in den Bauch, den Oberschenkel, das Gesäß oder den Oberarm injiziert. Die Injektionsstellen sollten rotieren, um eine lokale Lipoatrophie zu vermeiden. Die Somapacitan-Dosis wird für jeden Patienten individuell angepasst. Pädiatrischen Patienten, die therapienaiv sind oder von einem anderen Wachstumshormonpräparat wechseln, wird eine wöchentliche Anfangsdosis von 0,16 mg/kg Körpergewicht empfohlen. Therapienaive Erwachsene (≥ 18 bis < 60 Jahre) sollen mit 1,5 mg/Woche starten, Frauen unter oraler Estrogentherapie altersunabhängig mit 2 mg/Woche und ältere Patienten (60 Jahre oder älter) mit 1 mg/Woche. Wird bei AGHD von einem wachstumshormonhaltigen Arzneimittel mit täglicher Gabe auf Somapacitan umgestellt, sollten Erwachsene (≥ 18 bis < 60 Jahre) mit 2 mg/Woche starten, Frauen unter oraler Estrogentherapie altersunabhängig mit 4 mg/Woche und ältere Patienten mit 1,5 mg.