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Nur einmal wöchentlich

Somapacitan bei Mangel an Wachstumshormon

Mitte November hat die Firma Novo Nordisk das Präparat Sogroya® auf dem deutschen Markt eingeführt. Enthalten ist mit Somapacitan ein langwirksames Analogon des menschlichen Wachstumshormons. Es muss nur einmal wöchentlich injiziert werden.
Sven Siebenand
06.12.2023  07:00 Uhr

Von einem Wachstumshormonmangel (Growth Hormone Deficiency, GHD) sind schätzungsweise 60 von einer Million Kinder betroffen. GHD ist durch eine unzureichende Menge an Wachstumshormon (Somatropin, Growth Hormone, GH) gekennzeichnet. Dieses ist wichtig für das Längenwachstum bei Kindern und hat weitere Funktionen im Stoffwechsel, etwa hinsichtlich der Körperzusammensetzung sowie im Zucker- und Fettstoffwechsel.

Bei Kindern kann GHD zu einem verzögerten Wachstum führen, sodass die Kinder schließlich kleiner bleiben als durchschnittliche Gleichaltrige. Weitere Symptome können eine verminderte Knochendichte, eine langsame Entwicklung der Gesichts- und Röhrenknochen sowie ein verzögerter Zahndurchbruch sein. Auch im Erwachsenenalter kann die Erkrankung noch beginnen. Ursache sind dann meist Hypophysentumoren oder schwere Schädel-Hirn-Verletzungen. Symptomatisch äußert sich der Mangel etwa in Übergewicht mit vermehrtem Bauchfett und veränderten Blutfettwerten. Das Herzinfarktrisiko ist erhöht. Wegen geringerer Knochendichte ist auch das Frakturrisiko erhöht.

Schon seit vielen Jahren besteht die Möglichkeit einer Substitutionstherapie mit Somatropin. Auch langwirksame, einmal wöchentlich zu injizierende Präparate gibt es bereits: Somatrogon (Ngenla®) und Lonapegsomatropin (Skytrofa®). Diese sind momentan nur zur Behandlung von Kindern ab drei Jahren und Jugendlichen mit GHD zugelassen.

Bei Kindern und Erwachsenen

Im Gegensatz besitzt der Neuling Somapacitan auch eine Zulassung bei Erwachsenen mit Wachstumshormonmangel (Adult Growth Hormone Deficiency, AGHD). Es ist damit das erste einmal wöchentlich anzuwendende Präparat, das in beiden Altersklassen infrage kommt.

Somapacitan ist ein Derivat des humanen Wachstumshormons. An einer Stelle wurde eine Aminosäure ausgetauscht und eine albuminbindende Einheit eingefügt. Diese Seitenkette besteht aus einer Fettsäureeinheit und einem hydrophilen Spacer. Sie bewirkt eine verzögerte renale Elimination und ermöglicht so eine deutliche Verlängerung der Halbwertszeit und damit die wöchentliche Gabe.

Somapacitan wird subkutan in den Bauch, den Oberschenkel, das Gesäß oder den Oberarm injiziert. Die Injektionsstellen sollten rotieren, um eine lokale Lipoatrophie zu vermeiden. Die Somapacitan-Dosis wird für jeden Patienten individuell angepasst. Pädiatrischen Patienten, die therapienaiv sind oder von einem anderen Wachstumshormonpräparat wechseln, wird eine wöchentliche Anfangsdosis von 0,16 mg/kg Körpergewicht empfohlen. Therapienaive Erwachsene (≥ 18 bis < 60 Jahre) sollen mit 1,5 mg/Woche starten, Frauen unter oraler Estrogentherapie altersunabhängig mit 2 mg/Woche und ältere Patienten (60 Jahre oder älter) mit 1 mg/Woche. Wird bei AGHD von einem wachstumshormonhaltigen Arzneimittel mit täglicher Gabe auf Somapacitan umgestellt, sollten Erwachsene (≥ 18 bis < 60 Jahre) mit 2 mg/Woche starten, Frauen unter oraler Estrogentherapie altersunabhängig mit 4 mg/Woche und ältere Patienten mit 1,5 mg.

Der täglichen Gabe nicht unterlegen

Die Ergebnisse der für die pädiatrische Anwendung zulassungsrelevanten Phase-III-Studie REAL4 zeigten die mit einmal täglichem Wachstumshormon vergleichbare Wirksamkeit von Somapacitan. An der 52-wöchigen, randomisierten und offenen Parallelgruppenstudie nahmen 200 präpubertäre, therapienaive Kinder mit GHD teil. 132 Kinder erhielten einmal wöchentlich subkutan 0,16 mg/kg Somapacitan. In der Kontrollgruppe erhielten 68 Kinder einmal täglich eine subkutane Injektion von 0,034 mg/kg Somatropin. Die Ergebnisse zeigten eine annualisierte Wachstumsgeschwindigkeit von 11,2 cm/Jahr unter Somapacitan versus 11,7 cm/Jahr unter Somatropin. Damit wurde der primäre Endpunkt für die Nicht-Unterlegenheit nach Ablauf der 52 Wochen erreicht.

Ebenfalls positiv waren die Ergebnisse der 34-wöchigen REAL1-Studie, an der insgesamt 300 Erwachsene mit AGHD teilnahmen. Diese wurden entweder einmal wöchentlich mit Somapacitan (n=120), täglich mit Somatropin (n=119) oder täglich mit Placebo (n=61) behandelt. Primärer Endpunkt war die Änderung des Stammfettanteils gegenüber dem Ausgangswert nach 34 Wochen. Während er unter Placebo um 0,47 Prozent zunahm, sank er unter Somapacitan um 1,06 Prozent und unter Somatropin um 2,23 Prozent. Damit konnte der Neuling auch in dieser Indikation die statistische Nicht-Unterlegenheit gegenüber Somatropin unter Beweis stellen. Das gilt auch für den sekundären Endpunkt »Änderung des viszeralen Fettgewebes gegenüber dem Ausgangspunkt nach 34 Wochen«: Dieses stieg unter Placebo um 3 cm2 an, sank unter Somapacitan um 10 cm2 und unter Somatropin um 9 cm2.

Kontraindiziert ist Somapacitan, wenn Hinweise auf eine Tumoraktivität bestehen. Auch darf es nicht zur Förderung des Längenwachstums bei Kindern mit geschlossener Epiphysenfuge angewendet werden. Zudem ist der Wirkstoff tabu bei Patienten mit akuten schwerwiegenden Erkrankungen, die unter Komplikationen nach Operationen am offenen Herzen, Operationen der Bauchhöhle, Polytrauma, akuter respiratorischer Insuffizienz oder ähnlichen Bedingungen leiden.

Sehr häufige Nebenwirkung der Therapie sind Kopfschmerzen. Häufig treten unter anderem Reaktionen an der Injektionsstelle, Arthralgie, periphere Ödeme und bei Kindern mit GHD Schmerzen der Extremitäten auf.

Blutzucker im Auge behalten

Ein besonderer Warnhinweis in der Fachinformation betrifft das Thema Blutzucker. Eine Behandlung mit Wachstumshormon kann die Insulinempfindlichkeit herabsetzen und zu einer Hyperglykämie führen. Der Blutzuckerspiegel sollte deshalb bei allen Patienten unter Wachstumshormontherapie in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden. Bei Personen mit Diabetes muss die Dosierung blutzuckersenkender Arzneimittel gegebenenfalls angepasst werden, wenn eine Wachstumshormontherapie eingeleitet wird. Darüber hinaus sind weitere Warnhinweise in der Fachinformation zu finden, etwa zu Neoplasmen und Nebennierenrindeninsuffizienz.

Die Anwendung von Sogroya während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine Empfängnisverhütung anwenden, wird nicht empfohlen. In der Stillzeit ist zu entscheiden, ob auf das Stillen verzichtet wird oder auf die Behandlung mit dem neuen Präparat.

Das neue Medikament ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C zu lagern. Nach Anbruch ist es bei Lagerung unter diesen Bedingungen sechs Wochen haltbar. Falls eine Kühlung nicht möglich ist, zum Beispiel während einer Reise, darf Sogroya vorübergehend über einen Zeitraum von insgesamt bis zu 72 Stunden bei einer Temperatur bis zu 30 °C aufbewahrt werden.

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