So geht die Neurodermitis-Basispflege |
Körperpflege und das reichlich: 1 Kilogramm Basispflege brauchen Neurodermitiker im Monat. / Foto: Adobe Stock/ peterschreiber.media
Patienten mit atopischer Dermatitis versorgen ihre Haut am besten zweimal täglich mit geeigneten Pflegepräparaten - und das auch in den schubfreien Intervallen und/oder während einer eventuellen Biologika-Therapie, betonte die Dermatologin bei einer Fortbildungsveranstaltung der Landesapothekerkammer Hessen. »Rechnet man die benötigte Basistherapie auf den Monatsbedarf eines Erwachsenen hoch, so wird rund 1 Kilogramm pro Monat für die Ganzkörperpflege benötigt. Das ist nicht unerheblich«, machte Staubach auf die große Bedarfsmenge aufmerksam. Apotheken könnten darüber aufklären, dass Ärzte wirkstofffreie Präparate zur Basispflege bei Neurodermitis bis zum 12. Lebensjahr des Kindes zulasten der GKV verordnen können.
Diese auch als »Emollients plus« bezeichneten Basistherapeutika enthalten Zusätze von Wirksubstanzen, deren Wirksamkeit speziell bei atopischer Dermatitis nachgewiesen wurde. Da sie aber nicht für arzneiliche Zwecke verwendet werden, sind sie als Medizinprodukte oder Dermokosmetika auf dem Markt. Wirkstoffe sind etwa Bakterienlysate, Licochalcone oder Junghaferextrakt (siehe Kasten).
Während ihres Vortrags schilderte Staubach das multimodale Krankheitsbild der atopischen Dermatitis. Diese entsteht auf dem Boden einer genetischen Veranlagung und wird als Hautbarrierestörung mit einem veränderten Mikrobiom und fehlgeleiteten Immunreaktionen verstanden. Durch die defekte Hautbarriere ist der transepidermale Wasserverlust erhöht, die Haut wird trocken, spröde, schuppig und rau. Die Talgdrüsen produzieren nur wenig Talg, so dass sich kein flächendeckender Fettfilm über die Haut ziehen kann. Außerdem fehlt ihr ein effektives Wasserspeichersystem, von Geburt an mangelt es an natürlichen Feuchthaltefaktoren. Und auch der Zellkitt, der den Raum zwischen den Hornzellen abdichtet, hat eine veränderte Zusammensetzung. Juckreiz und Aufkratzen reizen die Haut fortlaufend und erhöhen die Infektionsgefahr durch bakterielle Besiedelung.
Diesem Circulus vitiosus gilt es, entgegenzuwirken. Eigentlich logisch: »Mit einer geeigneten Basistherapie haben wir die Möglichkeit, die Hautbarriere zu stabilisieren – und das am besten ab frühester Kindheit«, machte Staubach die Bedeutung der Pflege deutlich. Da das Atopierisiko mit der Anzahl der betroffenen Elternteile steigt, gehöre etwa die Hautpflege bei Kindern, bei denen beide Elternteile betroffen sind, »von Tag 1 an zum Pflichtprogramm«. Daneben sind Stillen, frühes Beifüttern, die Vermeidung von frühkindlichen RSV-Infektionen und möglichst wenige bis keine systemische Antibiotika erwiesene Prophylaxemaßnahmen.
Die Hautärztin, die zudem PTA ist und im Vorstand der Gesellschaft für Dermopharmazie aktiv ist, weiß: »Basistherapeutika sollten immer fettend, hydratisierend und filmbildend sein. Und zwar nie einzeln, sondern alles in einem Präparat.« Als Lipidkomponente empfiehlt sie Phospholipide, Ceramide oder Ceramid-Derivate, etwa aus Jojoba-, Weizenkeim-, Traubenkern- oder Nachtkerzensamenöl. Sie stärken den Wiederaufbau der epidermalen Hautbarriere. Ceramide fungieren überdies als interzelluläre Kittsubstanzen.
Zusätzlich sollten die Zubereitungen eine gute Portion an Feuchthaltefaktoren enthalten, allen voran Harnstoff, Milchsäure, Glycerol, Pyrrolidoncarbonsäure oder Hyaluronsäure, um die Restfeuchte an epidermalem Wasser in der Haut zurückzuhalten und zu erhöhen. In der Säuglings- und Kleinkindpflege sei man mit Glycerol-haltigen Topika auf der sicheren Seite, so Staubach. Urea-Nebenwirkungen wie Hautirritationen, Rötungen und Brennen träten bei den Kleinen besonders häufig auf. Zudem legt die Dermopharmazie-Expertin besonderen Wert auf eine filmbildende Komponente in der Pflegerezeptur, also etwa Vaseline, Paraffinum liquidum, Cera microcristallina, Dimethicon, Polysiloxan oder die genannten Lipide. Nur so könne ein dünner, gut spreitender hydrophober Film auf der Hautoberfläche den transepidermalen Wasserverlust begrenzen.
Bezüglich der Grundlage ist Folgendes zu beachten: Während akut entzündete Haut mit nässenden Ekzemen nach wasserhaltiger Pflege verlangt ( »feucht auf feucht«), braucht trockene, nicht entzündete Haut lipophile Grundlagen ( »fett auf trocken«). Je akuter das Ekzem, also je röter die Haut, desto höher sollte der Wassergehalt der Grundlage sein, je trockener die Haut, desto lipophiler sollte die Grundlage ausfallen. Die Grundlage der Basistherapie richtet sich aber auch nach der Jahreszeit und den individuellen Vorlieben der Patienten. Oberster Grundsatz eines geeigneten Präparates ist deshalb laut Staubach: »Die Formulierung muss dem Patienten von der Haptik her angenehm sein.« Ihr Tipp: Bei einem Vorabtest in der Offizin solle der Betroffene nicht nur mit der Fingerbeere testen, sondern die Zubereitung großflächiger auf dem Handrücken verteilen.
Für den akuten Krankheitsschub stellte Staubach die topischen Glucocorticoide wie Prednicarbat, Mometasonfuroat oder Methylprednisolonaceponat sowie die Calcineurininhibitoren Pimecrolimus und Tacrolimus als die optimalen Therapieoptionen vor. Während die Ersten in der Regel einmal täglich aufgetragen werden, kommen die Letzteren zweimal am Tag auf die Haut. »Ziel ist es, von einer im Schub anfänglich täglichen Therapie langfristig nach Abklingen der Symptome auf eine proaktive Anwendung von zweimal wöchentlich umzustellen, um so die Schubhäufigkeit plus -stärke runterzufahren«, erläuterte die Dermatologin.
Bahnt sich eine Superinfektion den Weg – »was gerade bei Neurodermitis durch das vermehrte Auftreten von Staphylococcus aureus durch das veränderte Hautmilieu häufig ist« –, kommen additiv Antiseptika zum Einsatz; Antibiotika sind aufgrund einer erhöhten Resistenzbildungsgefahr obsolet. Laut Staubach habe sich der kurzzeitige Einsatz von Antiseptika wie Chlorhexidingluconat, Octenidinhydrochlorid oder Polihexanid bewährt, und das bereits ab Säuglings- und Kleinkindalter. Der Einsatz sollte aber begrenzt sein. Auch Kombinationstherapien wie Hyrophile Prednicarbat-Creme 0,08/0,15/0,25 % mit Octenidinhydrochlorid 0,1 % NRF 11.145 sind möglich. Alternativ könnten Antiseptika separat etwa als alkoholfreies Pumpspray auf die Haut aufgebracht werden und anschließend zum Beispiel das topische Corticosteroid, so Staubach. Bewährt habe sich zudem das antiseptisch wirkende Ammoniumbituminosulfonat (Schieferöl), ebenfalls bereits ab dem Säuglingsalter einsetzbar. Es werde vorwiegend in Gel- oder Zink-haltigen Grundlagen eingearbeitet.
Den Juckreiz zu behandeln, sei nicht ganz so einfach, »da er verschiedene Ursachen hat«. Staubach: »Topische oder orale Antihistaminika sind jedenfalls nur wenig hilfreich.« Sie rät zu topischen Lokalanästhetika wie Polidocanol auch auf nicht betroffenen Hautregionen. Durch die Kombination von Polidocanol mit harnstoffhaltigen Zubereitungen könne der Pruritus signifikant reduziert werden.
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