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Antibiotika

Sind Fluorchinolone besser als ihr Ruf?

Vor keiner anderen Antibiotika-Gruppe wurde in den vergangenen Jahren so häufig gewarnt wie vor den Fluorchinolonen. Doch Ciprofloxacin und Co. sind nach wie vor unverzichtbar – und bei rationalem Einsatz nicht schädlicher als andere Antibiotika.
AutorKontaktAnnette Rößler
Datum 17.08.2020  08:58 Uhr

Fluorchinolone gehören seit Jahren zu den am häufigsten verordneten Antibiotika. So findet sich im Arzneiverordnungs-Report 2019 Ciprofloxacin auf der Liste der meistverordneten Arzneistoffe auf Platz 39. Das ist relativ weit vorne und wird unter den Antibiotika lediglich getoppt von Amoxicillin auf Platz 20 und Cefuroxim auf Platz 25. Spätestens seit April 2019 sollen Fluorchinolone wie Ciprofloxacin allerdings laut einer Empfehlung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) möglichst nur noch bei schweren Infektionen gegeben werden. Wie passt das zusammen?

In der Ausgabe 4/2020 von »Pharmakon«, der Mitgliederzeitschrift der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG), stellen Denise Häschke und Professor Dr. Ralf Stahlmann von der Charité Berlin die Frage: »Sind Fluorchinolone schlechter verträglich als andere Antibiotika?« Ihre Antwort lautet: Nein. Zahlreiche Studien hätten gezeigt, dass eine Therapie mit Fluorchinolonen zwar Nebenwirkungen verursachen kann, im direkten Vergleich aber insgesamt meist nicht häufiger als andere Antiinfektiva.

Eigenes Nebenwirkungsprofil

Was die Fluorchinolone allerdings auszeichne, sei ein eigenes Nebenwirkungsprofil. Neben den üblichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) wie gastrointestinale Störungen und leichten ZNS-Symptomen (Schwindel, Schlafstörungen), die für viele Antibiotika typisch seien, träten etwa Allergien deutlich seltener auf. Dafür seien andere, ungewöhnliche UAW wie toxische Wirkungen auf das Bindegewebe und das Nervensystem typisch für Fluorchinolone. Diese seien zwar selten, aber schwerwiegend und möglicherweise irreversibel, was die EMA letztlich zu ihrer restriktiven Empfehlung bewogen habe.

Die Bindegewebsschädigung durch Fluorchinolone erklärt sowohl das erhöhte Risiko für Sehnenrupturen als auch das für Schäden der Aorta in Form von Aneurysmen (Aussackungen) oder Dissektionen (Aufspaltung der arteriellen Wandschichten mit nachfolgender Einblutung), vor dem bereits 2018 ein Rote-Hand-Brief warnte. Aortenaneurysmen und -dissektionen treten laut Häschke und Stahlmann jährlich bei etwa 3 bis 30 pro 100.000 Personen auf; nach einer systemischen Fluorchinolon-Behandlung sei das Risiko zweifach erhöht.

Über den Pathomechanismus der Bindegewebsschädigung gibt es den Autoren zufolge verschiedene Hypothesen. Sehr wahrscheinlich sei diese UAW eng mit der antibakteriellen Wirkung verknüpft. Letztere beruhe auf der Bindung der Fluorchinolone an die bakteriellen DNA-Topoisomerasen II und IV über eine Magnesiumbrücke. Alle Chinolone seien Chelatbildner mit hoher Affinität für Magnesium. Unter der Therapie könne ein Mangel an funktionell verfügbarem Magnesium im Bindegewebe entstehen, der die Toxizität erklären könnte. Eine an sich vorteilhafte Eigenschaft der Fluorchinolone, die sehr gute Gewebegängigkeit, erweise sich in diesem Zusammenhang als Nachteil.

Kurze Behandlungsdauer und strenge Indikationsstellung

Eine weitere UAW, die in den vergangenen Jahren zunehmende Beachtung erfahren habe, seien Störungen des peripheren Nervensystems. Periphere Neuropathien seien bei älteren Menschen an sich schon häufig, bedingt etwa durch Diabetes, falsche Ernährung, Alkohol, Arzneistoffe oder auch Infektionen. Wenn es sich um seltene Ereignisse handele, sei der Nachweis eines kausalen Zusammenhangs mit einem Medikament extrem schwierig, für die Fluorchinolone aber anhand der Auswertung der Daten von 1,4 Millionen Patienten in Großbritannien gezeigt worden. Da das Risiko mit der Behandlungsdauer steige, stellten möglichst kurze Behandlungszeiten offenbar eine Möglichkeit dar, die Schädigung peripherer Nerven zu vermeiden.

Die Indikation für eine Behandlung mit Fluorchinolonen müsse streng gestellt werden, so die Autoren. In bestimmten Anwendungsbereichen, die in der Regel mit schweren bis lebensbedrohlichen Verläufen einhergingen, seien sie aber nach wie vor angezeigt. Dazu gehörten etwa komplizierte Harnwegsinfektionen, schwere Infektionen der unteren Atemwege und systemische Infektionen. Wenn prädisponierende Vorerkrankungen bekannt seien, ließen sich therapiebedingte Schäden durch Beachtung der Kontraindikationen und Warnhinweise vermeiden.

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