Sind Filialen überhaupt rentabel? |
Jennifer Evans |
30.05.2024 09:00 Uhr |
In der Vergangenheit haben viele Apothekeninhaber Filialen oft blauäugig übernommen. Das funktioniert heute nicht mehr so. / Foto: ABDA
Geht es nach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), reicht es aus, wenn künftig in Filialapotheken nur noch eine PTA steht, die bei Bedarf einen Approbierten per Video zuschalten kann. Wie eine Auswertung der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover zeigt, will der Betrieb einer oder mehrerer Filialen tatsächlich wohl überlegt sein. Und ohne Synergie- und Ertragseffekte zu nutzen, wird sich ein weiterer Standort womöglich wirtschaftlich nicht rentieren.
Seit zwei Jahren ist die Zahl der Apotheken-Filialen in Deutschland rückläufig. Die Treuhand stellte in ihrer Analyse heraus, in welchen Punkten sich diese Betriebe wirtschaftlich von Einzelapotheken unterscheiden. Demnach hat die durchschnittliche Filiale hierzulande rund 5,5 Prozent weniger Kunden als eine Einzelapotheke und erwirtschaftet rund 4 Prozent weniger Umsatz. Grund dafür sei, dass die finanziell lukrativeren Standorte meist als Hauptapotheke gewählt würden, heißt es in der Analyse.
Aufgrund einer besseren Verhandlungsposition beim Einkauf erzielen Filialen einen um 0,6 Prozentpunkte höheren Rohgewinn. Ihre Personalkosten liegen jedoch um mehr als 2 Prozentpunkte höher, was die Steuerberatungsgesellschaft vor allem auf die Kosten für den Filialleiter zurückführt. Fest steht auch: Filialverbünde profitieren von Synergieeffekten, wenn es etwa um Werbung, Kraftfahrzeug, Versicherungen oder andere Beiträge geht.
Der Untersuchung zufolge erwirtschaftet eine durchschnittliche Filiale einen Gewinn von 92.500 Euro vor Steuern. Bei der Ertragsverteilung sieht es allerdings anders aus: Dort befinden sich nämlich viele Filialen in »einer wirtschaftlich prekären Lage«, wie die Treuhand schreibt. Etwa 20 Prozent machen demnach Verluste, weitere 18 Prozent erreichen nicht einmal die Hälfte des durchschnittlichen Gewinns.
Auf der anderen Seite existieren aber auch sehr erfolgreiche Filialbetriebe. Daraus schlussfolgert die Treuhand: Der wirtschaftliche Erfolg ist unternehmerisch gestaltbar. Wichtig dafür erscheint, die Standortfaktoren vorab gründlich zu prüfen. Dazu gehören zum Beispiel das Einzugsgebiet, die Anzahl der Wettbewerber, Alter und Zustand der Geschäftsräume, Verkehrsanbindung, Menge der Ärzte in der Nachbarbarschaft sowie deren Fachrichtungen und Verschreibungsgewohnheiten.
Insbesondere Personalkosten müssten bei den Filialen gründlich kalkuliert sein, betont die Treuhand. Sinnvoll sei außerdem, Filialverbünde in Verantwortungsbereiche zu gliedern, Fachteams zu bilden sowie einen Teamleiter zu ernennen.
Laut Apothekenbetriebsordnung gelten für Filialen dieselben Vorschriften wie für Einzelapotheken. Hinsichtlich der Grundausstattung seien also keine Synergien zu erzielen, stellt die Beratungsgesellschaft klar. Dafür aber durch einheitliche EDV-Systeme für die Warenwirtschaft. »Dieses schafft Transparenz über Lagerbestände, Abverkaufs- und Bestelldaten. Außerdem ist eine klare Einkaufsstrategie wichtig: Wer bestellt was, wie viel, wie oft, bei wem.«
Zudem zahlten sich gemeinsame Einkäufe und Botendienste aus. Ein weiterer Synergieeffekt könne Personalaustausch sein, erfordere aber eine sorgfältige Dienstplanung sowie einen guten Informationsaustausch. Darüber hinaus sollten Prozesse wie Qualitätsmanagement und Kasse identisch mit der Hauptapotheke sein.