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AMTS in der Stillzeit

Sicherheit für Mutter und Kind

Die Arzneimitteltherapie in der Stillzeit geht mit spezifischen Herausforderungen einher. Wie in der Schwangerschaft müssen die Besonderheiten der Organismen von Mutter und Kind spezielle Berücksichtigung erfahren. Die Gewährleistung der Arzneimitteltherapiesicherheit hat auch hier im wahrsten Sinne des Wortes doppelte Relevanz.
Dörte Schröder-Dumke
27.11.2022  08:00 Uhr

Fest steht: Muttermilch ist die beste Nahrung für Säuglinge. Fest steht auch: Stillen stärkt die Bindung von Mutter und Kind. Nicht nur das Neugeborene startet mit optimalen körperlichen, geistigen und seelischen Voraussetzungen ins Leben. Studiengemäß profitiert auch die physische und psychische Gesundheit der Mutter.

Ungestillte Kinder sind oftmals häufiger und länger krank und dabei verstärkt unter anderem von Infektionen betroffen. Nicht nur ihr Asthma- und ihr Diabetesrisiko, sondern auch die Gefahr des plötzlichen Kindstodes ist erhöht. Bei Müttern trägt das Stillen unter anderem zur Förderung der Rückbildung der Gebärmutter bei und reduziert das Risiko, an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken (1, 2).

Wissenschaftlich fundiert

Bekannt ist, dass nur jedes achte Kind – wie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Nationalen Stillkommission empfohlen – mindestens sechs Monate gestillt wird. Zu den Gründen, dass oft zu früh abgestillt wird, zählen unter anderem auch Ängste vor Nebenwirkungen von Medikamenten, die eingenommen werden müssen (2). »Es ist nicht sinnvoll, in der Schwangerschaft und Stillzeit grundsätzlich auf Medikamente verzichten zu wollen. Denn auch eine unzureichend behandelte Erkrankung der Mutter kann die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen«, betont das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin (3), das auf seiner Homepage www.embryotox.de unabhängige, wissenschaftlich fundierte Bewertungen zu etwa 400 Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit bietet.

Insbesondere bei chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Epilepsie sowie bei vielen psychischen Erkrankungen ist eine langfristige medikamentöse Behandlung oftmals unumgänglich. Und auch akute, also plötzlich in der Schwangerschaft und Stillzeit auftretende Beschwerden oder Schmerzen können eine Therapie erforderlich machen, wobei eventuelle Risiken stets gegen den Nutzen abzuwägen sind. Für fast alle Erkrankungen existieren ausreichend sichere Medikamente, sodass Abstillen bei richtiger Auswahl fast nie erforderlich ist, unterstreicht das Beratungszentrum Embryotox.

Naturgemäß gehen sehr viele Arzneistoffe in die Muttermilch über. Allerdings ist nicht immer geklärt, welche Mengen beim Kind »ankommen«. Als erster begrenzender Faktor gilt die orale Verfügbarkeit des Arzneistoffs über den Magen-Darm-Trakt der Mutter. Hinzu kommen die Modalitäten der Verteilung, Metabolisierung und Ausscheidung, die die Arzneistoffe beziehungsweise ihre Metaboliten in der mütterlichen Brustdrüse anreichern oder limitieren können.

Als Kriterien, die den Übergang von Arzneistoffen beziehungsweise ihren Metaboliten in die Muttermilch fördern, sind eine gute Fettlöslichkeit des Wirkstoffs beziehungsweise der Molekülmassen unter 200 bekannt. Basische Substanzen diffundieren leichter, da Milch eine relative Azidität von 6,8 bis 7,1, Plasma hingegen eine von circa 7,4 besitzt.

Begünstigend wirkt auch eine niedrige Proteinbindung des Arzneimittels im mütterlichen Plasma, da nur der nicht proteingebundene Anteil eines Medikaments in die Milch übergeht. Gleiches gilt für den Ionisationsgrad eines Arzneistoffs. Außerdem sind neben der Dosis des verabreichten Arzneimittels auch die Häufigkeit der Applikation und die Applikationsart von Bedeutung.

Das Ausmaß des Übergangs von Arzneistoffen in die Muttermilch lässt sich anhand der Höhe des Milch-Plasma-Quotienten (M/P-Quotient) erkennen, der das Verhältnis eines Arzneistoffs in der Muttermilch zur Konzentration im Blutplasma der Mutter, also das Ausmaß der Anreicherung des Arzneistoffs in der Muttermilch beschreibt. Dieser kann jedoch nur als Anhaltspunkt zum Vergleich einzelner Substanzen dienen.

Denn trotz eines niedrigen Milch-Plasma-Quotienten können beim Säugling starke Expositionen beobachtet werden, wenn die Plasmawerte bei der Mutter hoch sind. Umgekehrt können bei Arzneistoffen mit hohen Milch-Plasma-Quotienten die Expositionen beim Kind gering sein, wenn das Verteilungsvolumen der Mutter ausgeprägt ist. Auch variiert der Milch-Plasma-Quotient im Verlauf der Stillzeit, da sich die Milchzusammensetzung vom Kolostrum zur reifen Frauenmilch ändert.

Gilt die relative Dosis des Arzneistoffs, die in die Milch übergeht, als Maß für die Abschätzung des Expositionsrisikos, so wird diese anhand der Formel »relative Dosis = Dosis (Säugling)/Dosis (Mutter) × 100« berechnet und zur Nutzen-Risiko-Abschätzung herangezogen. So beträgt zum Beispiel der M/P-Quotient von Acetylsalicylsäure 0,1 (relative Dosis: 2 bis 6 Prozent), der von Paracetamol 1 (relative Dosis: 6 bis 12 Prozent), der von Ibuprofen 0,008 (relative Dosis: < 0,6 Prozent). Bei Escitalopram wird der M/P-Quotient mit 2,2 (relative Dosis: 5,2 Prozent), bei Loratadin mit 1,17 (relative Dosis: 0,6 Prozent) angegeben (3, 4).

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