Shop Apotheke darf nicht mit Zava kooperieren |
Melanie Höhn |
15.02.2023 15:10 Uhr |
Da das Geschäftsmodell mit dem Bezug von Arzneimitteln warb und somit der Erwerb des Arzneimittels im Vordergrund stand, sahen sich die Kammern veranlasst, dies rechtlich aufzugreifen. / Foto: Adobe Stokc/fizkes
Im Streit um Onlineplattformen, auf denen man nach Ausfüllen von Fragebögen zu einer ärztlichen Verordnung von Medikamenten gelangen kann, freuen sich die AKNR und AKWL über eine Entscheidung des BGH »mit erheblicher Signalwirkung«. In einer gemeinsamen Presseerklärung betonen sie, dass sie sich damit in ihrem Widerstand gegen solche Konzepte bestätigt fühlten.
Zur Einordnung: Die Werbeoffensive des niederländischen Arzneimittelversenders Shop Apotheke und der britischen Online-Arztpraxis Zava startete im Jahr 2020, welche 2021 vom Landgericht Köln für wettbewerbsrechtlich unzulässig erklärt wurde. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln bestätigte diese Entscheidung im Juni 2022 und wies die Berufung von Shop Apotheke zurück. Nun bestätigte auch der Bundesgerichtshof (BGH) das OLG-Urteil und wies die Berufung ebenfalls zurück.
Streitgegenstand war die Werbung der niederländischen Shop-Apotheke für ihre Kooperation mit dem im Vereinigten Königreich ansässigen und mit irischen Ärzten arbeitenden Telemedizinanbieter Zava. Patienten konnten unter mehreren Indikationen auswählen und sich nach Beantwortung eines Onlinefragebogens ein von den mit Zava verbundenen Ärzten ausgestelltes Privatrezept ausstellen lassen, das dann direkt bei der Shop-Apotheke eingelöst werden konnte. Hierin sahen die Kammern ein Verstoß gegen § 11 Apothekengesetz (ApoG) sowie eine nicht zulässige Bewerbung für eine Fernbehandlung nach § 9 Heilmittelwerbegesetz (HWG) mittels Onlinefragebogen. Darüber hinaus wurden diverse Irreführungsaspekte aufgegriffen.
Da das Geschäftsmodell mit dem Bezug von Arzneimitteln warb und somit der Erwerb des Arzneimittels im Vordergrund stand, während die Verschreibung als »notwendiges Übel« schlicht geliefert wurde, sahen sich die Kammern veranlasst, diese Form des Arzneimittelbezugs auch rechtlich aufzugreifen, wie es in der Mitteilung heißt.
»Wir müssen unsere Kammerangehörigen und die Teams in den Apotheken davor schützen, dass sie mit Verschreibungen konfrontiert werden, die das Ergebnis von fragwürdigen telemedizinischen Dienstleistungen sind und bei denen die anerkannten medizinischen Standards nicht eingehalten werden«, sagt Bettina Mecking, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, in dem Schreiben.
»Immer wieder werden wir von unseren Kammerangehörigen mit der Frage konfrontiert, wie mit diesen Verschreibungen umzugehen ist. Bestehen erhebliche Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Verschreibung, so können wir es den Apothekerinnen und Apothekern sowie PTA nicht zumuten, hier die Arzneimittel auszugeben«, so Mecking weiter.
»Gleichwohl ist dies für die Teams in den Apotheken eine schwierige Situation, da sie grundsätzlich auch dem Kontrahierungszwang unterliegen«, ergänzt Sören Cromberg, Justiziar der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. »Uns geht es darum, die gesetzlichen Vorgaben weiter zu schärfen, damit sich unsere Kammerangehörigen und ihre Mitarbeiter vor Verschreibungen dieser Art schützen können und sich nicht dem Risiko ausgesetzt sehen, in diesen Fällen durch die Abgabe von Arzneimitteln gegen das Arzneimittelrecht zu verstoßen.«
Die Bestätigung der Entscheidung des OLG Köln durch den BGH empfinden die Kammern als Bestätigung, auch weitere derartige Konzepte effektiv unterbinden zu lassen. Der Schulterschluss mit den Ärzten sei von großer Bedeutung, da es auch nicht in ihrem Interesse sei, dass durch derartige Geschäftsmodelle der persönliche Kontakt zum Patienten nach und nach schwindet. Es sei sinnvoll, diesen Fehlentwicklungen gemeinsam entgegenzutreten. Der persönliche Kontakt, gleich ob in der Arztpraxis oder in der Apotheke, ist zudem nach Auffassung der Kammern nach wie vor der Goldstandard, der an der einen oder anderen Stelle durch alternative Leistungsangebote ergänzt, aber nicht verdrängt werden darf.
»Geschäftsmodelle, bei denen die Vorzüge der Telemedizin dahingehend missbräuchlich genutzt werden, dass Patienten einzig und allein durch das Ausfüllen von Fragebögen zu einer Verordnung gelangen, sind uns schon lange ein Dorn im Auge«, sagt Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein. »Dem treten wir konsequent entgegen, um Patientinnen und Patienten zu schützen«, ergänzt Gabriele Regina Overwiening, ABDA-Präsidentin sowie Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.