Senioren bekommen Hochdosis-Grippeimpfstoff |
Daniela Hüttemann |
23.01.2021 08:00 Uhr |
Für die kommende Grippesaison empfiehlt die STIKO Senioren eine Impfung mit einem Hochdosis-Impfstoff. Nach heutigem Stand kommt dafür wohl nur ein Präparat in Frage. / Foto: Getty Images/Manit Chaidee
Der G-BA-Entschluss kommt gerade zur rechten Zeit: Die Apotheken müssen nämlich bereits jetzt ihre Bestellungen bei den Impfstoffherstellern aufgeben, denn die Vorproduktion ist bereits angelaufen. Dazu rufen derzeit alle Grippeimpfstoff-Hersteller die Apotheken und Arztpraxen auf. Im Februar und März legen dann die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und in der Folge die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) fest, welche Antigene, also von welchen Influenza-Stämmen, enthalten sein sollen.
»Hochdosis-Impfstoffe gegen Grippe haben erstmals 2020 eine arzneimittelrechtliche Zulassung für den Einsatz bei Personen ab dem Alter von 65 Jahren erhalten«, teilte der G-BA am Donnerstag mit. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hatte eine erhöhte Wirksamkeit im Vergleich zu anderen Impfstofftypen festgestellt und daher im November 2020 empfohlen, diese Altersgruppe dementsprechend mit den höher dosierten Influenzavakzinen zu impfen. Diese Empfehlung hat nun der G-BA abgesegnet, womit sie gültig ist. »Da es sich bei der saisonalen Grippe um eine häufige und potenziell schwer verlaufende Erkrankung handelt, kann bereits mit einer leicht besseren Wirksamkeit eines Impfstoffs eine relevante Anzahl an Grippeerkrankungen und an schweren Verläufen zusätzlich verhindert werden«, begründet der G-BA seine Entscheidung.
Darüber hinaus gilt: »Falls es zukünftig entsprechend eines Antrages des Herstellers auch einen zugelassenen Impfstoff für die Anwendung bei 60- bis 64-Jährigen gibt, gilt dieser Anspruch bereits ab dem Alter von 60 Jahren. Bis zu einer solchen erweiterten Zulassung werden 60- bis 64-Jährige weiterhin mit den konventionellen Influenza-Impfstoffen geimpft, um sie vor der Grippe zu schützen.« Auch das entspricht der Empfehlung der STIKO.
Im Alter lässt die Immunreaktion in der Regel nach, daher bilden ältere Menschen bei gleicher Dosierung oder ohne zusätzliche Komponenten wie bestimmte Adjuvanzien einen weniger guten Impfschutz aus als jüngere Impflinge. Durch den G-BA-Beschluss müssen nun die Krankenkassen die Kosten für den teureren hoch dosierten Impfstoff übernehmen.
In dieser Impfsaison stand genau genommen noch keine in der EU zugelassene hoch dosierte Grippevakzine zur Verfügung. Doch da zu Beginn des vergangenen Herbstes die Nachfrage nach der Grippeimpfung aufgrund der Coronavirus-Pandemie viel größer war als bei den Bestellungen zu Beginn des Jahres 2020 erwartet, orderte das Bundesgesundheitsministerium sechs Millionen Impfdosen nach, darunter auch 500.000 Dosen des hoch dosierten Grippeimpfstoffs Fluzone High-Dose Quadrivalent von Sanofi.
Der Impfstoff ist seit 2019 in den USA für die Impfung von Personen ab 65 Jahren zugelassen. Er enthält die vierfache Menge Antigen wie die Erwachsenen-Dosis der regulären Grippeimpfstoffe: jeweils 60 µg Hämagglutinin für jeden der vier enthaltenen Influenzastämme statt 15 µg wie bei herkömmlichen Impfstoffen.
Für den vom Prinzip her gleichen Impfstoff hat Sanofi im Mai 2020 auch eine EU-Zulassung für die Grippeimpfung ab 65 Jahren bekommen. Das war jedoch zu spät für die Markteinführung passend zum Start der Impfungen im letzten Herbst. Sanofi will das Präparat nun unter dem Namen Efluelda® in der kommenden Saison in Deutschland auf den Markt bringen, bestätigte eine Unternehmenssprecherin heute der Pharmazeutischen Zeitung auf Nachfrage. Apotheken können und sollen jetzt und bis Ende Februar ihre Bestellungen aufgeben. Zudem bestätigte Sanofi, dass die Zulassung für Personen ab 60 Jahre in der EU bereits beantragt sei. Das Unternehmen rechnet mit einer Zulassungserweiterung noch vor Impfbeginn im Herbst und plant entsprechende Produktionsmengen ein.
Neben dem anderen Namen und der anderen Aufmachung können sich Fluzone und Efluelda in den enthaltenen Impfstämmen unterscheiden, da die US- und EU-Empfehlungen nicht immer deckungsgleich sind. Beide werden Ei-basiert hergestellt.
Die STIKO hatte sich noch drei weitere neue Impfstoffe genauer angesehen: Supemtek®, ebenfalls von Sanofi, sowie Fluad® Tetra und Flucelvax® von Seqirus.
Mit Supemtek hat Sanofi noch einen weiteren höher, aber nicht ganz so hoch dosierten Impfstoff wie Efluelda neu im Portfolio. Supemtek (US-Name: Flublok Quadrivalent) wird im Gegensatz zu anderen Grippeimpfstoffe rekombinant hergestellt und enthält nur Hämagglutinin-, aber keine Neuraminidase-Oligomere. Es sind jeweils 45 µg HA-Antigen pro Stamm. Zugelassen ist er für Personen ab 18 Jahre.
Speziell zugelassen für Menschen ab 65 Jahre, aber nicht hoch dosiert ist Fluad® Tetra von Seqirus (15 µg Hämagglutinin pro Virusstamm). Die EU-Zulassung bekam der Hersteller im Juni 2020. Er war daher auch nicht passend zum Herbst 2020 auf dem Markt, kann aber nun vorbestellt werden. Es ist der erste adjuvantierte tetravalente Influenza-Impfstoff, der für Senioren zugelassen ist. Er enthält das Adjuvanz MF59. Dabei handelt es sich um eine Squalen-in-Wasser-Emulsion mit Polysorbat 80 und Sorbitantrioleat.
Beim letzten Präparat handelt es sich um Flucelvax, ebenfalls von Seqirus. Es ist eine zellkultur-basiert hergestellte Subunit-Vakzine. Sie enthält jeweils 15 µg HA-Antigen pro Stamm und ist zugelassen ab zwei Jahre. Das Präparat kam 2019 in Deutschland auf den Markt.
Im G-BA-Beschluss werden diese drei Impfstoffe jedoch nicht berücksichtigt. In den »tragenden Gründen« für den Beschluss heißt es: »Neben dem Influenza-Hochdosis-Impfstoff sind weitere Influenza-Impfstoffe in der Entwicklung beziehungsweise bereits zugelassen, die bei Personen im Alter von ≥ 60 Jahren möglicherweise zu einem verbesserten Impfschutz führen. Die zurzeit verfügbaren Studiendaten werden von der STIKO jedoch als nicht ausreichend erachtet, um aktuell eine bevorzugte Nutzung auch dieser Impfstoffe zu empfehlen.«
Und weiter: »Da die STIKO in ihrer Bewertung insgesamt zu der Einschätzung gelangt, dass Hochdosis-Grippeimpfstoffe einen besseren Schutz vor einer Influenzaerkrankung bieten als andere inaktivierte quadrivalente Influenza-Impfstoffe und somit nach Auffassung der STIKO in Bezug auf das Impfziel generell vorzuziehen sind, bleibt grundsätzlich kein Raum für eine Anwendung ›konventioneller‹ inaktivierter quadrivalenter Influenza-Impfstoffe innerhalb der GKV.«
Fazit: Nach bisherigem Kenntnisstand wird nur Efluelda als Hochdosis-Impfstoff für die Über-65-Jährigen und wahrscheinlich auch Über-60-Jährigen im Herbst zur Verfügung stehen und zulasten der GKV verordnungsfähig sein. Der Apothekenverkaufspreis der Zehnerpackung beträgt 405,53 Euro. Sanofi begründet den Preis mit der vierfach höheren Antigenmenge und dem damit verbundenen Mehraufwand bei der Produktion.