Securpharm: Trotz einiger Bugs läuft’s recht robust |
Jennifer Evans |
26.02.2021 14:00 Uhr |
Kaum Störungen: Laut der Jahresbilanz von Securpharm hat es 2020 deutlich weniger Systemausfälle gegeben. Demnach betrug die Systemverfügbarkeit des Apothekenservers 99,98 Prozent. / Foto: Adobe Stock/DragonImages
Das Securpharm-System läuft inzwischen deutlich stabiler, aber trotz allem müssen »Prozesse rund um das System« weiterentwickelt werden, hebt der Geschäftsführer der Organisation Martin Bergen im Vorwort des neuen Berichts hervor. Viele der Entscheidungen müssten jedoch auf europäischer Ebene getroffen werden.
Der europaweite Überwachungsmechanismus, hinter dem hierzulande die Organisation Securpharm steht, verpflichtet die Apotheker seit dem 9. Februar 2019 den Data-Matrixcode einer jeden Rx-Packung vor der Abgabe zu scannen. Ziel ist es aufdecken, wann und an welcher Stelle womöglich gefälschte Medikamente in die legale Lieferkette gelangt sind.
Laut Bericht erreichten das System im Jahr 2020 mehr als 1,8 Milliarden Anfragen, sogenannte Transaktionen. Auch Peaks von bis zu 52 Millionen Transaktionen pro Woche habe das System stabil verkraftet, heißt es. Inzwischen sind nun 2,1 Milliarden individuelle Erkennungsmerkmale erfasst (Vorjahr: 1,05 Milliarden). Sie setzen sich aus einer zufällig generierten Seriennummer kombiniert mit dem Produktcode einer Arzneimittelpackung zusammen. Der Jahresbilanz zufolge hatte es 2020 außerdem deutlich weniger Systemausfälle gegeben. Demnach betrug die Systemverfügbarkeit des Apothekenservers 99,98 Prozent.
Zu viele Fehlalarme machen dem System aber noch immer zu schaffen. Als Hauptgrund dafür nennt Bergen Handhabungsfehler der Systemnutzer oder IT-Bugs in Drittsystemen. »Hier gibt es nach wie vor einen hohen Informationsbedarf bei vielen Nutzern«, betonte er. Allerdings spielt dabei auch die Vernetzung mit Systemen anderer Ländern eine Rolle. Immerhin ist die Alarm-Quote dem Bericht zufolge von 0,42 Prozent Anfang des Jahres 2020 auf 0,17 Prozent zum Jahresende gesunken. Das entspricht im Schnitt 0,28 Prozent. Zum Vergleich: Der europäische Durchschnitt lag im vergangenen Jahr bei 0,46 Prozent. »Dies ist zwar eine beachtliche Entwicklung und auch im europäischen Vergleich ein guter Wert, die absolute Anzahl an Alarmen pro Tag ist für eine qualifizierte Bearbeitung durch die Aufsichtsbehörden jedoch noch zu hoch«, heißt es.
Neben dem eigentlichen Systembetrieb gehört die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden zu den Aufgaben von Securpharm. Im Fälschungsverdacht erhalten sie nämlich Einsicht in die Prüfpfade einzelner Packungen. Derzeit müssen die Behörden die Protokolle noch bei der Organisation anfragen, im Laufe des Jahres 2021 sollen sie diese aber dann selbstständig abfragen dürfen. Das Recht dazu gibt ihnen eine Delegierte Verordnung der EU-Kommission aus dem Jahr 2015. Dem Bericht zufolge hatte es 2020 insgesamt 766 solcher Prüf-Anfragen gegeben.
Außerdem haben die nationalen Behörden einen gesetzlichen Anspruch auf Berichte aus dem Securpharm-System, die zur Überwachung der Marktteilnehmer dienen. Das können unter anderem Auffälligkeiten bei der Pharmakovigilanz oder Pharmakoepidemiologie sein. Auf europäische Ebene wird Bergen zufolge derzeit an einer einheitlichen Version dieser Berichte gearbeitet.
Über die Neuerungen der Benutzeroberfläche Securpharm-GUI ab Dezember 2020 hatte die Pharmazeutische Zeitung bereits berichtet. Ziel dessen war es, verifizierenden Stellen, wie Apotheken und Großhändlern, einen Überblick über die durch sie ausgelösten Alarme zu geben. Diese Erweiterung hatte die Netzgesellschaft deutscher Apotheker (NGDA), Betreiber des Apothekensystems, eingebracht und plant auch für 2021 eine neue Funktion. Diese soll es verifizierenden Stellen ermöglichen, anonym Kommentare an das Pharmaunternehmen zu übermitteln. Grundsätzlich erhält nämlich auch der für das Produkt verantwortliche Pharmakonzern die Alarmmeldung, um den Ursachen auf den Grund gehen zu können. Mit der geplanten Kommentarfunktion bleibt die Identität des Apothekers dann geheim, wenn er mit einem Unternehmen Kontakt aufnimmt.
Aktuell sind 416 pharmazeutische Unternehmen, 708 Großhändler, 18.820 öffentliche Apotheken, 361 Krankenhausapotheken, 24 industrielle Verblisterer, 25 Compounding- Hersteller sowie 14 zentrale Beschaffungsstellen als Nutzer an das Fälschungsschutzsystem angeschlossen.
Wie aus dem Bericht hervorgeht, wird in diesem Jahr außerdem der neue Securpharm-Verwaltungsrat seine Arbeit aufnehmen, in dem sowohl das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vertreten sind.