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Immunprägung

Schutz vor Entwicklung gefährlicher Corona-Varianten?

Die sogenannte Immunprägung wird im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 kontrovers diskutiert. Meist ist der Begriff negativ besetzt: Das Phänomen wird so ausgelegt, dass nach einer initialen Exposition des Immunsystems mit Erregern oder Impfantigenen eine Anpassung an neue Varianten kaum möglich ist. Ein Kommentar im Fachjournal »The Lancet« bietet aber eine optimistischere Hypothese an.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 03.02.2023  13:30 Uhr

Die Immunprägung wurde erstmals 1960 von Thomas Francis Jr. im Zusammenhang mit der Influenza beschrieben und als »antigene Erbsünde« bezeichnet. Francis hatte beobachtet, dass die Antikörper, die in der Kindheit als Reaktion auf die erste Influenzainfektion gebildet wurden, auch dann wieder reaktiviert wurden, wenn sich die Kinder mit neuen Influenzavarianten infizierten. Zwar wurden dann auch Antikörper gegen die neuen Virusvarianten gebildet; allerdings blieben die Antikörper, die zuerst gebildet wurden, während des gesamten Lebens dominant.

Ähnliche Mechanismen könnten auch für SARS-CoV-2 relevant sein, sodass eine Immunantwort gegen die derzeit zirkulierenden Omikron-Stämme sowohl nach einer Infektion mit früheren Varianten als auch nach einer Impfung mit den bivalenten angepassten Impfstoffen suboptimal bleibt. Dies unterstreicht eine Arbeit von Dr. Markus Hofmann und Kollegen aus der Abteilung Infektionsbiologie des Deutschen Primatenzentrums in Göttingen, die Anfang Dezember in »The Lancet« publiziert wurde.

Die Forschenden hatten etwa gezeigt, dass die Omikron-Unterlinien BQ.1.1 – und von diesen insbesondere BA.2.75.2 – unabhängig von der Immunisierungsgeschichte einer Neutralisierung durch Seren effizient entgehen. Zwar induzieren monovalente und bivalente Impfstoff-Booster sowohl die Neutralisierungsaktivität als auch die Neutralisierungsbreite; jedoch bleibt die BA.2.75.2-spezifische und BQ.1.1-spezifische Neutralisierungsaktivität relativ niedrig.

Der positive Blick auf eine immunologische Prägung

Dr. Sebastian Höhl und Professor Dr. Sandra Ciesek vom Institut für Medizinische Virologie am  Universitätsklinikum der Goethe-Universität in Frankfurt nahmen die Arbeit der Göttinger Forschenden zum Anlass, um ebenfalls im Fachjournal »The Lancet« in einem Kommentar die Hypothese aufzustellen, dass die immunologische Prägung, die tatsächlich bei SARS-CoV-2 eine Rolle zu spielen scheint, auch von Nutzen sein könnte.

Höhl und Ciesek unterstreichen zunächst ebenfalls, dass es viele solide Hinweise darauf gebe, dass die Immunantwort auf Viren stark durch frühe Expositionen gegenüber ähnlichen Antigenen dominiert wird. Beispielsweise haben frühe Infektionen mit anderen menschlichen Coronaviren wie etwa HKU-1 zur Folge, dass nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 die Antikörperreaktion auf konservierte Epitope von Coronaviren gelenkt wird – und nicht in gleichem Maße auf neue spezifische Epitope der SARS-CoV-2-Varianten. Das gilt auch für alle Omikron-Varianten, die nur relativ wenige unveränderte neutralisierende B-Zell-Epitope mit der frühesten Variante teilen.

Diese suboptimale Anpassung einer neutralisierenden Immunantwort an neuere SARS-CoV-2-Varianten scheint sich aber nicht in einer höheren Sterblichkeit niederzuschlagen. Die Grundimmunisierung mit den Originalimpfstoffen gegen den SARS-CoV-2-Wildtyp induziert einen effektiven Immunschutz, durch den vor allem schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle reduziert werden.

Immunprägung als vorteilhafte Populationsstrategie

Da Infektionen mit Omikron-Varianten weniger schwere Krankheitsverläufe verursachten als etwa die Delta-Variante, scheint es eine vorteilhafte Populationsstrategie zu sein, eine hohe B-Zell-Gedächtnisimmunität gegen die ursprünglichen Virusstämme aufrechtzuerhalten. Die Wirkung der immunologischen Prägung durch die Aufrechterhaltung hoher neutralisierender Antikörpertiter gegen alte, hochpathogene SARS-CoV-2-Stämme in der Bevölkerung könnte zur Ausrottung der alten Stämme zugunsten der neueren, weniger pathogenen Stämme beitragen, die in aufeinanderfolgenden Wellen zirkulieren.

Unter diesem Aspekt erscheint die immunologische Prägung in einem positiven Licht. Denn sie könnte in Regionen mit hoher Immunität der Bevölkerung das Risiko senken, dass neue, hochpathogene, beispielsweise von der Delta-Variante abgeleitete Virusvarianten entstehen.

Diese Hypothese sollte jedoch nicht davon ablenken, dass eine gewisse Überwindung der Immunprägung durch innovative Impfkonzepte notwendig sein könnte, so Höhl und Ciesek. Um die Entwicklungszeit für neue Impfstoffe zu überbrücken, könnte die immunologische Prägung allerdings von großer Bedeutung sein, indem sie der Entwicklung hochpathogener Varianten einen Schutzwall entgegenstellt, der durch verwandte, ältere Stämme aufgebaut wurde.

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