Schnell mehr Energie, bitte! |
Wenn Menschen sich schlapp und müde fühlen, kommen sie oder ihre Angehörige mitunter in die Apotheke und fragen nach einem Stärkungsmittel. Dann gilt es, die Ursachen der Symptome zu ermitteln, um passende Empfehlungen auszusprechen. / Foto: Getty Images/Frazao Studio Latino
Ein Geschenk für Omi und Opi, der Wunsch, während oder nach einer Erkrankung wieder auf die Füße zu kommen, mehr Energie in Zeiten von starkem Stress und großen Belastungen – die Frage nach einem Stärkungsmittel kann verschiedene Hintergründe haben. Welches im Einzelfall die beste Empfehlung ist, lässt sich häufig nicht leicht beantworten. Zum einen können hinter (anhaltender) Erschöpfung ernste Erkrankungen stecken; bei einem entsprechenden Verdacht ist selbstverständlich zu einem Arztbesuch zu raten. Zum anderen kann kein Produkt die Folgen eines »erschöpfungsfördernden« Lebensstils beheben. Und schließlich können auch Stärkungsmittel Wechselwirkungen mit Arzneimitteln eingehen, sodass zunächst nach Grunderkrankungen und bereits eingenommenen Arzneimitteln gefragt werden sollte. Grundsätzlich gilt außerdem: Bei Tonika/Stärkungsmitteln handelt es sich in der Regel um traditionelle Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel. Letztere müssen nicht wie Arzneimittel zugelassen, sondern das Inverkehrbringen der zuständigen Behörde nur angezeigt werden.
Extrakte pflanzlichen oder tierischen Ursprungs, verschiedene Vitamine sowie Alkohol und/oder als anregende Komponente Koffein: Dies sind häufige Inhaltsstoffe von Produkten, die als Stärkungsmittel beworben werden. Einige davon, etwa Ginseng (Panax ginseng), Taigawurzel (Eleutherococcus senticosus) oder Rosenwurz-Wurzelstock (Rhodiola rosea) werden hierzulande schon recht lange verwendet. Für sie gibt es Monographien des Ausschusses für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), die diesen eine traditionelle Verwendung bescheinigt, sowie der European Scientific Cooperative on Phytotherapy (ESCOP) und/oder der Kommission E. Angewendet werden sie zur Behandlung von Erschöpfung und Müdigkeitszuständen (Taigawurzel) oder Stresssymptomen wie Müdigkeit und Schwächegefühlen (Rosenwurz, Ginseng). Alle drei enthalten unterschiedliche Verbindungen, die den Adaptogenen zugeordnet werden. Diese sollen die Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit gegenüber äußeren und inneren Stressoren erhöhen.
In der ayurvedischen Medizin Indiens seit Langem gebräuchlich, in unseren Breiten jedoch relativ neu ist Ashwagandha, zu Deutsch Schlafbeere (Withania somnifera). Neben nicht vorhandenen Nutzenbelegen gibt es Meldungen von Leberschäden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt aufgrund von Sicherheitsbedenken (Beeinflussung der Schilddrüsenfunktion, abortive Effekte) eine Aufnahme in Liste C des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006. Diese beinhaltet Stoffe, die in der Europäischen Union zunächst noch geprüft werden müssen.
Auch Vitamine und Mineralstoffe sind häufig in Stärkungsmitteln enthalten. Mit einer abwechslungsreichen Ernährung ist der Körper in der Regel zwar gut versorgt. Doch es gibt auch Ausnahmen: Vitamin D und Folsäure, Eisen und Jod gehören dazu. Auch die Zufuhr von Vitamin B12 kann bei bestimmten Personen- und Patientengruppen den Bedarf häufig nicht dauerhaft decken. Dazu gehören unter anderem Veganer oder Patienten, die Metformin oder über längere Zeit einen Protonenpumpenhemmer (PPI) anwenden. Schwierig erweist sich die Vitaminversorgung nicht zuletzt bei älteren Menschen oder Patienten, die sich durch fehlenden Appetit nicht bedarfsdeckend ernähren. Auch für sie kann eine Ergänzung sinnvoll sein.
Stichwort Alkohol und Koffein: Flüssige Zubereitungen aus der Gruppe der Stärkungsmittel enthalten mitunter nicht geringe Mengen an Alkohol. Neben einer möglichen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit muss auch hier an eventuelle Wechselwirkungen mit einer bestehenden Medikation gedacht werden, etwa eine Verstärkung der Wirkung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Auf die Einnahme von Koffein reagieren manche Anwender empfindlich, sodass sie auf diesen Inhaltsstoff aufmerksam gemacht werden sollten, damit sie gegebenenfalls andere Koffeinquellen reduzieren können. Zudem sollten sie das entsprechende Produkt nicht zu spät am Tag zu sich nehmen.
Nachweislich wirksam – wenn auch oft nicht gern gehört – ist eine Umstellung der Lebensführung: Durch ausreichend Schlaf, eine gesunde, frische und abwechslungsreiche Ernährung, den Verzicht auf Fast-Food und Genussgifte sowie durch regelmäßige Bewegung an der frischen Luft können Betroffene neue Energie gewinnen.