Schmerzmittel könnten Rückenschmerz verlängern |
Annette Rößler |
12.05.2022 18:00 Uhr |
Im Mausmodell untersuchte die Gruppe daraufhin, ob die Gabe von Entzündungshemmern das womöglich verhindert. Und siehe da: Mäuse, die zu Beginn eines schmerzhaften Prozesses mit dem Corticosteroid Dexamethason oder dem NSAR Diclofenac – beides Arzneistoffe mit antientzündlicher Wirkkomponente – behandelt wurden, zeigten trotz eines kurzfristigen analgetischen Effekts über einen deutlich längeren Zeitraum Schmerzen als Mäuse, die lediglich Kochsalzinjektionen erhalten hatten. Die Gabe von Gabapentin, Morphin oder Lidocain als Schmerzmittel ohne antiphlogistische Wirkung linderte dagegen akut den Schmerz, ohne gleichzeitig zu einer Verlängerung des Schmerzzustandes der Mäuse zu führen. Wurden Neutrophile Granulozyten aus dem Blut der Mäuse entfernt, verzögerte das die Besserung des Schmerzes; dagegen verhinderte die Gabe dieser Immunzellen oder von bestimmten Proteinen, die von ihnen freigesetzt werden, die durch Entzündungshemmer ausgelöste Chronifizierung der Schmerzen.
Zuletzt werteten die Forscher noch die Verläufe von Patienten mit zunächst akutem Rückenschmerz aus, die in der biomedizinischen Datenbank UK Biobank gespeichert sind. Retrospektiv konnten sie dabei feststellen, dass die Einnahme von NSAR mit einem erhöhten Risiko für eine längere Dauer der Schmerzen einherging. Patienten, die gegen die akuten Schmerzen NSAR einnahmen, hatten verglichen mit Patienten, die das nicht taten, ein 1,76-fach höheres Risiko für eine Chronifizierung. Die Anwendung von Paracetamol oder Antidepressiva hatte diesen Effekt nicht.
Obwohl Entzündungshemmer Patienten mit Rückenschmerzen kurzfristig helfen, könnten sie langfristig kontraproduktiv wirken, lautet daher das Fazit der Autoren. Das ist eine ziemlich weitreichende Aussage, denn auch wenn sie laut Leitlinie nur in der niedrigsten wirksamen Dosierung und so kurzzeitig wie möglich angewendet werden sollen, zählen NSAR zu den Standardmedikamenten bei Rückenschmerzen. Paracetamol, das laut dieser Studie vorteilhaft wäre, sollte dagegen leitliniengemäß wegen nicht ausreichend belegter Wirksamkeit nicht eingesetzt werden.