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Wirksamkeit und Sicherheit
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Schmerzmittel bei kurzzeitigen Rückenschmerzen hinterfragen

»Trotz fast 60-jähriger Forschung gibt es immer noch keine gesicherten Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Sicherheit von häufig verwendeten Schmerzmitteln (Analgetika) bei kurzen Anfällen von Kreuzschmerzen« – zu diesem Schluss kommt eine neue Studie. Die Autorinnen und Autoren raten zu einem zurückhaltenden Einsatz von Schmerzmitteln.
AutorKontaktDaniela Hüttemann
Datum 12.04.2023  11:00 Uhr

Rückenschmerzen sind die häufigsten Schmerzen schlechthin. Von akuten Rückenschmerzen spricht man, wenn die Beschwerden weniger als sechs Wochen bestehen. Eigentlich sollte mittlerweile ausreichend untersucht sein, ob über diesen relativ kurzen Zeitraum eine Symptombekämpfung mit Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Tramadol sicher und verträglich ist.

Medizinische Forschende der Universität von New South Wales, Australien, kommen in einer neuen Metaanalyse im »British Medical Journal« aber zu keinem eindeutigen Ergebnis, bemängeln die Evidenz und raten daher zu einem vorsichtigen Einsatz von Schmerzmitteln bei akuten Rückenschmerzen.

In die Analyse bezogen die Forschenden 98 randomisierte, kontrollierte Studien aus den Jahren 1964 bis 2021 ein. Daran hatten insgesamt mehr als 15.000 Patientinnen und Patienten teilgenommen. Die Schmerzmittelgabe, darunter 69 verschiedene Medikamente oder Kombinationstherapien, wurde mit anderen schmerzlindernden Behandlungsmethoden, Placebo oder keiner Behandlung verglichen.

Bewertet wurden vor allem die Schmerzintensität nach Behandlungsende (auf einer Skala von 0 bis 100) sowie die Anzahl unerwünschter Ereignisse. Zu Behandlungsbeginn lag die Schmerzintensität bei jeder Studie im Schnitt bei 65.

Eine sehr starke Verringerung der Schmerzintensität um 25 Punkte schafften demnach das Muskelrelaxans Tolperison, das nicht steroidale Antirheumatikum (NSAR) Aceclofenac in Kombination mit dem Muskelrelaxans Tizanidin sowie das Antikonvulsivum Pregabalin jeweils im Vergleich mit Placebo, allerdings stufen die Autoren die Evidenz als gering bis sehr gering ein.

Noch schlechter sieht es mit der Evidenz für andere Therapien aus (»sehr geringes Vertrauen«): Zu einer starken Verringerung der Schmerzintensität (etwa 20 Punkte) kam es unter vier Arzneimitteln, darunter dem NSAR Ketoprofen, zu einer mäßigen Verringerung (10 bis 20 Punkte) bei sieben Arzneimitteln einschließlich der Entzündungshemmer Aceclofenac, Etoricoxib und Ketorolac sowie zu einer geringen Verringerung (5 bis 10 Punkte) bei Ibuprofen und Paracetamol.

Nebenwirkungen besser belegt als Wirkung

Immer noch nicht befriedigend, aber eindeutiger als bei der Wirksamkeit sieht die Evidenz bei den Nebenwirkungen aus. Hier stellten die Forschenden mäßige bis sehr geringe Belege für eine Zunahme unerwünschter Ereignisse wie Übelkeit, Erbrechen, Schläfrigkeit, Schwindel und Kopfschmerzen bei Tramadol, Paracetamol plus Tramadol mit verzögerter Wirkstofffreisetzung, Baclofen sowie Paracetamol plus Tramadol im Vergleich zu Placebo fest.

»Mäßige bis schwache Hinweise deuten auch darauf hin, dass diese Medikamente das Risiko für unerwünschte Ereignisse im Vergleich zu anderen Medikamenten erhöhen könnten«, heißt es zudem und weiter: »Die Studie fand auch für andere sekundäre Endpunkte, einschließlich schwerwiegender unerwünschter Ereignisse und Behandlungsabbrüche, sowie für eine sekundäre Analyse der Medikamentenklassen ähnliche mäßige bis geringe Belege.«

Das Autorenteam räumt zwar ein, dass bei den meisten eingeschlossenen Studien Bedenken hinsichtlich des Risikos einer Verzerrung bestanden, was neben anderen Einschränkungen die Ergebnisse beeinflusst haben könnte. Auf der anderen Seite sei keine weitere Überprüfung des Sachverhalts nötig, solange keine neuen qualitativ hochwertigen Studien zu Schmerzmitteln bei akuten Rückenschmerzen veröffentlicht werden. Sie raten Ärzten und Patienten vorerst zu einem »vorsichtigen Umgang mit analgetischen Medikamenten« bei akuten Rückenschmerzen.

Das sagt die Leitlinie

Grundsätzlich gilt laut der aktuellen Nationalen Versorgungsleitlinie »Nicht-spezifischer Kreuzschmerz«: Finden sich durch Anamnese und körperliche Untersuchung beim Erstkontakt keine Hinweise auf gefährliche Verläufe oder andere ernstzunehmende Pathologie, sollen vorerst keine weiteren diagnostischen Maßnahmen durchgeführt werden.

Grundsätzlich muss aufgeklärt werden, dass Medikamente nur eine unterstützende Therapieoption bei Kreuzschmerzen darstellen. Wirkung und Nebenwirkungen sollen regelmäßig überprüft werden (etwa alle vier Wochen). Bei akuten Schmerzen sollen Medikamente aber auch bei Besserung der Symptomatik zeitig wieder abgesetzt oder ausgeschlichen werden.

Es besteht ein Expertenkonsens, dass NSAR zur Behandlung nicht-spezifischer Kreuzschmerzen in der niedrigsten wirksamen Dosierung und so kurzzeitig wie möglich angewendet werden sollen (abgeschwächte Positiv-Empfehlung), gegebenenfalls gemeinsam mit einem Protonen-Pumpen-Inhibitor (PPI). Sind NSAR kontraindiziert, können Metamizol oder COX-2-Hemmer eingesetzt werden.

Keine Empfehlung für Schmerzgele und -cremes

Abgeraten wird von Paracetamol, Flupirtin und Muskelrelaxanzien allgemein sowie den Antikonvulsiva Gabapentin, Pregabalin, Topiramat und Carbamazepin. Antidepressiva sind nur bei Depression oder Schlafstörung als Komorbidität eine Option. Ebenso rät die Leitlinie ab von Teufelskralle, Beinwell und topischen NSAR. Allerdings können Capsaicin-Pflaster und -Cremes im Rahmen des Selbstmanagements in Kombination mit aktivierenden Maßnahmen angewendet werden.

Opioide sollen eher zurückhaltend eingesetzt werden. Sie können bei akuten, nicht-spezifischen Rückenschmerzen bei fehlendem Ansprechen oder Vorliegen von Kontraindikationen gegen nicht opioide Analgetika angewendet werden. Als eine der wichtigsten Maßnahmen bei Rückenschmerzen gilt Bewegung.

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