Schlüpfrige mRNA-Translation |
Theo Dingermann |
07.12.2023 15:00 Uhr |
Auf den ersten Blick erscheinen diese Daten beunruhigend, zumal gezeigt werden konnte, dass die falsch übersetzten Proteine auch bei Geimpften nachweisbar und immunaktiv sind. Allerdings sehen Experten, die vom Science Media Center Germany befragt wurden, die neuen Erkenntnisse nicht als kritisch an. So weist Professor Dr. Marina Rodnina, Direktorin der Abteilung Physikalische Biochemie am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften (MPI-NAT) in Göttingen, darauf hin, dass ähnliche Proteinartefakte in der Zelle auch ohne Impfung vorkommen können und die Zelle gut gerüstet ist, sie zu entfernen. Zudem seien die entstandene Mengen offenbar sehr gering. »Die Autoren haben diese +1 Peptide sehr gezielt bestimmt, gesucht und gefunden. Aber was die Zelle sonst so auf natürlichem Wege macht, haben sie nicht verglichen.«
Auch Professor Dr. Julian Schulze zur Wiesch, Leitender Oberarzt der Sektion Infektiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, argumentiert in eine ähnliche Richtung. Er hält diese kleine Studie zwar für interessant, betont aber, dass von dem beschriebenen Effekt, wenn er denn tatsächlich zutreffe, wohl keine Gefahr ausgehe. Die Nebenprodukte hätten mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nichts mit den allgemeinen Impfreaktionen oder mit den Nebenwirkungen von mRNA-Impfstoffen zu tun.
Zusammenfassend betonen auch die Autoren der Studie, dass ihre Daten das Verständnis dahingehend verbessern, wie modifizierte Ribonukleotide die Genauigkeit der mRNA-Translation beeinflussen können. Obwohl bisher keine negativen Folgen der mRNA-basierten SARS-CoV-2-Impfstoffe beim Menschen berichtet wurden, weisen die Daten ihrer Studie doch auf potenzielle Off-Target-Effekte hin, die bei zukünftigen mRNA-basierten Therapeutika durch eine Sequenzoptimierung leicht zu beheben wären.
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