Rx-Boni vor dem EuGH |
Alexander Müller |
27.06.2024 08:56 Uhr |
Beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg geht es heute erneut um die Bewertung von Rx-Boni. / Foto: IMAGO/imagebroker
Ursprünglich geht es im Verfahren um eine Schadenersatzklage. Die AKNR hatte seit 2013 immer wieder einstweilige Verfügungen gegen DocMorris erwirkt, um die Gewährung von Rx-Boni zu untersagen. Deutsche Gerichte verhängten wiederholt Ordnungsgelder, die Doc Morris aber regelmäßig nicht zahlte. Und weil die grenzüberschreitende Eintreibung solcher Titel offenbar schwierig war, verjährten die Ansprüche der Staatskasse nach und nach.
2016 entschied der EuGH dann, dass die deutsche Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) nicht für ausländische Versandapotheken gilt. Doc Morris sah sich rückblickend zu Unrecht verfolgt und forderte von der Kammer 18 Millionen Euro Schadenersatz – aus angeblich entgangenen Gewinnen.
Während das Landgericht Düsseldorf Klage in erster Instanz abwies, gab das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) Doc Morris Doc Morris teilweise recht. Die Sache ging vor den BGH.
Doch die Karlsruher Richter entschieden im Sommer vergangenen Jahres nicht, sondern legten dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vor. Zentral soll es um die Bewerbung der Rabatte gehen. Denn laut Heilmittelwerbegesetz (HWG) soll die weitgehende Eindämmung der Werbung für Arzneimittel der abstrakten Gefahr begegnen, eine Nachfrageentscheidung erst zu initiieren.
Zu klären ist jetzt, ob die Werbevorschriften auch auf das gesamte Sortiment angewendet werden können und ob sich damit Gutscheine für den späteren Einkauf einerseits und unmittelbar wirkende Rabatte andererseits vom nationalen Gesetzgeber verbieten lassen.
Was den Schadenersatz betrifft, ging es um fünf angegriffene Werbemaßnahmen. Drei davon waren aus Sicht des BGH mit Blick auf das deutsche Heilmittelwerberecht unzulässig. Die Bonifizierung für die Teilnahme an einem Arzneimittelcheck, ein Hotelgutschein oder eine beitragsfreie Jahresmitgliedschaft im ADAC bei Neukundenwerbung sind laut BGH nicht von der Ausnahme erfasst, ebensowenig ein pauschaler 10-Euro-Gutschein bei Rezepteinreichung für eine nachfolgende Bestellung rezeptfreier Produkte. In allen Fällen bestehe die Gefahr der unsachlichen Beeinflussung.
Aus Sicht des BGH können allenfalls direkte Bar-Rabatte, nicht aber Rabattgutscheine für den nächsten Kauf unter den Ausnahmetatbestand des Gesetzes fallen. Denn der Schutzzweck des § 7 Abs. 1 HWG sei, auch nur der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung entgegenzuwirken.
Zulässig könnten aus Sicht des BGH dagegen Geldrabatte sein, die unmittelbar den Rechnungsbetrag der Bestellung reduzieren. Diese verstoßen zwar gegen die Preisbindung – an diese sei Doc Morris nach dem EuGH-Urteil von 2016 aber nicht gebunden gewesen. Der Umzug des Boni-Verbots ins Sozialgesetzbuch V erfolgte erst später und ist daher nicht Gegenstand des Verfahrens.