Runterkommen über den Vagusnerv |
Kontrollierte Atemübungen wie tiefes Atmen oder progressive Muskelentspannung wirken entspannend. Werden sie zusätzlich mit einer Vagusnerv-Stimulation gekoppelt, sei die Wirkung besonders gut, so erste Hinweise aus Untersuchungen. / © Getty Images/Justin Paget
Stress, Angst, Depression – all das belastet nicht nur die Psyche, sondern auch das Herz: »Zahlreiche wissenschaftliche Studien machen deutlich, wie eng der Zusammenhang von Stress, aber auch Depressionen und Angsterkrankungen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist«, so Professor Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Ein Weg, um dem vorzubeugen, führt über den Vagusnerv. »Er transportiert Signale vom Gehirn zum Herzen«, erklärt Privatdozentin Cora Stefanie Weber in der aktuellen Ausgabe der Herzstiftungs-Zeitschrift »Herz heute« (2/2025). Als Teil des parasympathischen Nervensystems wirke der sogenannte Entspannungsnerv beruhigend auf Puls und Blutdruck – eine gezielte Stärkung des Vagus könne so zum Schutz des Herzens beitragen.
Viele Menschen seien auch im Alltag teilweise chronisch gestresst, ihr sympathisches Nervensystem, das den Körper etwa in Gefahrensituationen in Alarmbereitschaft versetzt, ständig überaktiv. Eine Messgröße, um Gefährdete zu erkennen, ist die Herzratenvariabilität (HRV) für die unterschiedlichen Abstände zwischen den Herzschlägen, so Weber. Wird bei körperlicher oder emotionaler Belastung der Sympathikus aktiviert, steigen die Herzfrequenz, der Blutdruck und die Atemfrequenz.
Sportler und jüngere, herzgesunde Menschen hätten in der Regel eine hohe HRV. Bei ihnen entfalte im Anschluss an die Belastung der Vagus seine entspannende Wirkung, sodass Puls und Blutdruck schnell wieder runtergehen. Doch diese Regulation funktioniere nicht bei jedem Menschen gleich gut. Menschen mit Angst- und Panikstörungen etwa haben der Herzstiftung zufolge ein signifikant erhöhtes Infarktrisiko. »Man nimmt an, dass es ihrem Gehirn nicht mehr gelingt, Angstreaktionen ausreichend zu unterdrücken, ihr Vagusnerv ist gehemmt und sie geraten so in chronischen Stress.«
Menschen mit einem aktiven Vagusnerv und hoher HRV dagegen haben laut Weber eine bessere Konzentration, Emotionskontrolle und ein besseres emotionales Wohlbefinden. Befunde deuteten darauf hin, »dass ein besseres Bewusstsein für die eigenen Gefühle mit einer stabileren Herzaktion einhergeht – und damit einen Schutzfaktor darstellen kann.«