Rolling Stones rocken das Alter |
Gibt es die »modernen jungen Alten« wirklich? Die Rolling Stones sind der lebendige Beweis. / © Imago/Matrix
»Die Stones müssen verdammt gute Gene haben bei diesen Ausschweifungen zu Anfang ihrer Karriere. Aber sie hatten irgendwann die Einsicht, sehr gesund zu leben – und das mittlerweile schon sehr lange«, meinte Dingermann bei der Weihnachtsvorlesung an der Frankfurter Goethe-Universität. Gerontologische Erkenntnisse zeigen immer deutlicher, dass übergeordnete biologische Regelkreise dafür verantwortlich sind, wie wir altern.
Der Mensch ist jedoch seiner genetischen Veranlagung meist nicht hilflos ausgeliefert. Mit einem gesunden Lebensstil hat man es zu einem guten Teil selbst in der Hand, die Zellphysiologie länger auf Kurs zu halten. »Wir können selbst am meisten dafür tun, auch in späten Lebensjahren vital und produktiv zu bleiben«, erklärte er mit einem Augenzwinkern auf sein eigenes Alter. »Die Alternsforschung zeigt: gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität, ausreichend Schlaf, Stressbewältigung und Training fürs Hirn haben erheblich größeren Einfluss auf unsere gesunde Lebenszeit als gedacht.«
Mittlerweile hat die seriöse Alternsforschung zwölf grundlegende biologische Merkmale identifiziert, die den Alterungsprozess der Zellen vorantreiben. Unterschiedliche Alterskrankheiten werden oft von den gleichen Mechanismen gesteuert. Dingermann legte in seinem Vortrag besonderen Wert auf drei Alterstreiber: die epigenetische Signatur, seneszente Zellen und Inflammaging.
Epigenetische Veränderungen sorgen gewissermaßen für eine Modifizierung der DNA, sie »sind quasi der zweite Teil der Genetik«. Bei diesen Methylierungen der DNA wird eine Methylgruppe an das 5’-Kohlenstoffatom eines Cytosins, meist innerhalb eines Cytosin-phosphatidyl-Guanin (CpG)-Dinukleotids, kovalent angeheftet. Mittlerweile weiß man: Diese Prozesse sind reversibel.
Denn: Das DNA-Methylierungsmuster ändert sich im Lauf des Lebens stark, ist abhängig von Lebensstilfaktoren. Diese Anpassung ist so typisch, dass sich auf Basis des jeweiligen Methylierungsmusters ziemlich genau das biologische Alter einer Zelle bestimmen lässt. »Weil die Art und Weise des Lebensstils unsere epigenetische Signatur zu beeinflussen mag, haben wir eine enorme Selbstverantwortung, wie wir altern. Die Altersuhr kann also deutlich langsamer zum Ticken gebracht werden«, so der Referent, »was auch bedeutet, dass das biologische Alter deutlich unter dem chronologischen liegen kann.«
Durch Hungern tickt die Altersuhr im Übrigen langsamer. Dass Kalorienreduktion und intermittierendes Fasten die Lebensspanne verlängern, sei gut belegt. Versuche mit Mäusen zeigten, dass sie gesünder und länger leben, wenn man ihnen nicht fortlaufend Essen anbietet, sondern sie Pausen machen. Reduziere man die Futtermenge auf ungefähr 40 Prozent, lebten diese Tiere im Schnitt 30 Prozent länger. »Die durch die modifizierte Diät veranlasste Verlangsamung des normalen Alterungsprozesses wird dann tatsächlich im Epigenom der Mäuse abgebildet. Mäuse werden dadurch also biologisch jünger.« Insgesamt gesehen scheint jedoch die individuelle Genausstattung von noch größerer Bedeutung auf ein längeres Leben zu sein, zitierte Dingermann die Ergebnisse einer aktuellen großen Tierstudie.