RKI begründet die Verkürzung des Genesenenstatus |
Christina Hohmann-Jeddi |
04.02.2022 17:00 Uhr |
Mitte Januar hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nach Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) den Genesenenstatus von sechs auf drei Monate verkürzt. / Foto: Imago Images/Reiner Zensen
Mitte Januar hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nach Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) den Genesenenstatus von sechs auf drei Monate verkürzt. Da der Genesenenstatus auch erst 28 Tage nach Nachweis der Infektion gültig wird, gilt man daher effektiv nur 62 Tage als genesen. Die fachlichen Vorgaben für den Genesenenachweis hat das RKI nun an diesem Donnerstag präzisiert und seine Entscheidung begründet.
Es stellt fest: »Diese fachlichen Vorgaben für den Genesenennachweis beziehen sich ausschließlich auf Personen, die ungeimpft sind, das heißt weder vor, noch nach ihrer durchgemachten Infektion eine Impfung erhalten haben.« Geimpfte Personen können sich Covid-19-Impfzertifikate ausstellen lassen, die deutlich länger gültig sind. Die Verkürzung der Gültigkeitsdauer des Genesenennachweises begründet das Institut damit, dass »die bisherige wissenschaftliche Evidenz darauf hindeutet, dass Ungeimpfte nach einer durchgemachten Infektion mit der Delta-Variante oder einer früheren Virusvariante einen im Vergleich zur Reinfektion mit der Delta-Variante herabgesetzten und zeitlich noch stärker begrenzten Schutz vor einer SARS-CoV-2-Infektion mit der Omikron-Variante haben«.
Wie lange eine durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion vor einer Reinfektion schütze, hänge von Alter, Schwere der Erkrankungen und Virusvarianten ab und könne interindividuell stark schwanken. Eine vorherige Infektion verstärke aber die Immunantwort auf eine Covid-19-Impfung, weshalb zur Grundimmunisierung von Genesenen laut Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) in der Regel nur eine Impfstoffdosis nötig ist. Welche Genesenen wann geimpft werden sollen, finden Sie hier.
Es sei zu beachten, dass eine durchgemachte Infektion nicht nur die Person selbst zu einem gewissen Maß vor Reinfektion und einem schweren Verlauf schütze, sie mindere auch das Risiko der Virusübertragung, heißt es vom RKI. »Bei den fachlichen Vorgaben für Covid-19-Genesenennachweise geht es primär um den oben genannten Schutz vor Virusübertragung beziehungsweise das Risiko, dass die genesene Person asymptomatisch mit SARS-CoV-2 infiziert ist und das Virus auf andere Menschen übertragen kann.«
Studien zur Übertragbarkeit der Omikron-Variante durch Genesene lägen noch nicht vor, der Schutz vor jeglicher Infektion könne aber als Richtwert für die Bewertung des Schutzes vor Virusübertragung herangezogen werden. Laut RKI zeigten bisherige Daten des Imperial College London, dass es unter dominanter Zirkulation der Omikron-Variante bei zuvor infizierten und nicht geimpften Personen häufig zu Reinfektionen komme.
Zudem weise die britische SIREN-Studie darauf hin, dass Genesene unter diesen Bedingungen nur noch eine Schutzwirkung von etwa 44 Prozent gegenüber Reinfektionen aufweisen. Dieser Schutz bezieht sich auf die Verhinderung symptomatischer und asymptomatischer Infektionen bei Personen, deren letzter PCR-Nachweis einer Coronainfektion mehr als 90 Tage zurücklag. Den SIREN-Daten zufolge haben Doppelgeimpfte einen Immunschutz von 32 Prozent und Geboosterte von 62 Prozent.
In einer weiteren Studie, die die Schutzwirkung gegenüber Reinfektionen mit verschiedenen Virusvarianten verglich, hatten Genesene gegenüber Omikron-Reinfektionen nur einen Schutz von circa 60 Prozent, während es gegenüber Delta-Reinfektionen mehr als 90 Prozent waren.
Seit diesem Dienstag ist ein Impfzertifikat für eine zweifache Impfung gegen Covid-19 nur noch neun statt zwölf Monate gültig. Damit wurden die Impfnachweise an die aktuellen EU-Vorgaben angepasst. Die Impfzertifikate von Geboosterten (mit einer dritten Impfung) gelten noch unbegrenzt. Die Impfzertifikate besitzen somit eine deutlich längere Gültigkeit als der Genesenennachweis.
Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Professor Dr. Carsten Watzl, kritisierte Ende Januar gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, man müsse nun konsequenterweise auch die Gültigkeit des Impfzertifikats angleichen. Die Immunantwort schwinde sowohl bei Genesenen als auch bei Geimpften mit der Zeit. Die Verkürzung auf drei Monate sei eine »politische Entscheidung, die auf Basis der Daten nicht nachvollziehbar ist«.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.