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Gelenkersatz
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Prädiabetes als unterschätzter Risikofaktor

Menschen mit Typ-2-Diabetes und chronischen Erkrankungen sollten sich gut vorbereiten, wenn sie ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk bekommen. Kurz vor der Operation kräftig abzunehmen, ist nicht angesagt – wohl aber der Besuch beim Zahnarzt. Worauf sollten Patienten achten?
AutorKontaktBrigitte M. Gensthaler
Datum 04.12.2025  11:00 Uhr

Typ-2-Diabetes und Prädiabetes gelten als Risikofaktoren für Arthrose und Komplikationen bei einer Gelenkersatz-Operation. »Diabetes-Patienten entwickeln nicht nur häufiger eine Arthrose, sondern benötigen auch überdurchschnittlich oft ein künstliches Gelenk. Denn der dauerhaft erhöhte Blutzuckerspiegel führt zu Entzündungsprozessen und schädigt Knorpelzellen im Gelenk«, erklärte Privatdozent Dr. Stephan Kirschner, Direktor der Klinik für Orthopädie in den ViDia Christliche Kliniken Karlsruhe, bei einer Online-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik. Übergewicht belaste zudem die Gelenke, vor allem das Kniegelenk, und fördere Bewegungsmangel.

Auch postoperativ ist das Risiko erhöht: Die Hyperglykämie schwächt die Immunabwehr, beeinträchtigt die Wundheilung, fördert Entzündungsprozesse und steigert das Infektionsrisiko; dies gelte auch schon bei Prädiabetes.

Sechs bis acht Wochen vor der OP zum Arzt

Menschen, die eine Gelenkersatz-Operation planen, sollten sich spätestens sechs bis acht Wochen vorher beim Arzt vorstellen und ihren Gesundheitsstatus erheben lassen. »Etwa jeder 3. Erwachsene hat einen prädiabetischen Stoffwechsel«, erklärte Kirschner. Auch dieser schädige bereits kleine Blutgefäße, was die Durchblutung und damit die Wundheilung und Infektabwehr beeinträchtigt. Werde ein Prädiabetes diagnostiziert, müsse der Arzt den Patienten damit konfrontieren und über die Risiken aufklären.

Präventiv sollte der Blutzucker möglichst gut eingestellt werden (angestrebter HbA1c < 7 Prozent, idealerweise < 5,6 Prozent) und Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen abgeklärt und behandelt werden. Auf Genussmittel wie Alkohol und Nikotin sollte man mindestens sechs Wochen vor der OP verzichten, riet der Arzt. Eine Einschränkung des Alkoholkonsums sei auch angesichts der Kalorienaufnahme anzuraten und halbiere das Komplikationsrisiko nahezu.

Vor der OP kräftig abzunehmen, wird dagegen nicht mehr empfohlen. »Dabei entsteht ein kataboler Stoffwechsel, der die Wundheilung beeinträchtigt.« Langfristiges Abnehmen sei besser, empfahl Kirschner. »Ein gut funktionierendes Kunstgelenk schafft oft erst die Voraussetzung, dass sich ein Patient besser bewegen kann und wirklich abnehmen möchte.«

Bei der Voruntersuchung sollte der Arzt zudem auf eine Unter- und Mangelernährung, auf Elektrolytverschiebungen und den Vitamin-D-Status achten. Eisenmangel kann eine Anämie verursachen. Anämische Patienten brauchen jedoch öfter eine Bluttransfusion und haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen und ein schlechteres OP-Ergebnis. Frühzeitig entdeckt, könne eine orale Eisenzufuhr die Anämie lindern. Bei kurzer Vorlaufzeit könne man durch intravenöse Eisengabe einen raschen Anstieg der Blutmenge erreichen und das Transfusionsrisiko vermindern.

Implantatinfektionen vermeiden

Die gute Vorbereitung verringert nachweislich auch die periprothetische Infektionsrate. »Die Optimierung des Patienten ist essenziell«, betonte Professor Dr. Robert Hube, Leitender Arzt, Orthopädische Chirurgie München (OCM), in der Pressekonferenz.

Die periprothetische Infektion zählt zu den gefürchtetsten Komplikationen nach Gelenkersatz – auch wenn sie »nur« bei etwa 0,5 bis 2 Prozent aller Patienten auftritt. »Wenn eine Infektion im Kunstgelenk und an fremden Oberflächen entsteht, ist in der Regel immer ein Austausch des Implantats nötig«, informierte der Präsident der Fachgesellschaft. Systemische Antibiotikatherapie allein führe nicht zum Erfolg.

Gemäß dem Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) sind Infektionen für 15,2 Prozent aller Folgeeingriffe bei Knieprothesen verantwortlich, bei Hüftprothesen sogar für 18,5 Prozent. »Wachsamkeit vor Infektionen ist nötig.«

Infektionsquellen sanieren lassen

Doch wie kommen die Pathogene zur Endoprothese? Es gibt zwei Hauptwege: Entweder werden sie während der OP eingebracht oder sie erreichen auf dem Blutweg (hämatogen) die künstliche Oberfläche. Für die Infektion eines Kunstgelenks reiche ein Tausendstel der Keime im Vergleich zum natürlichen Gelenk, weil keine Durchblutung stattfinde, erklärte Hube. OP-assoziierte Infektionen manifestieren sich nicht immer sofort. Sie könnten bis zu 24 oder sogar 36 Monate postoperativ auftreten; spätere Infektionen seien fast immer durch das Blut verursacht.

Auslöser dieser hämatogenen Infektionen könnten größere Entzündungen wie Harnwegsinfekte, Bakterienquellen wie offene Beine (Durchblutungsstörungen), massive Fußmykosen oder eine blutig verlaufende Zahnbehandlung sein, informierte Hube. Umso wichtiger sei es, Infektionsherde präoperativ möglichst zu sanieren. Der Chirurg empfahl, den Zahnstatus kontrollieren und Zahnfleischtaschen und Parodontose behandeln zu lassen. Dies ist auch später wichtig: »Endoprothesenträger sollten immer aufpassen bei Infektionen im Mund oder größeren Zahneingriffen. Sie sollten den Zahnarzt aktiv informieren, dass sie ein Kunstgelenk haben.«

Im Krankenhaus ist die Dekolonisierung eine entscheidende Maßnahmen der Infektionsprophylaxe. Hierbei wird der Patient vor der Operation mit antiseptischen Lösungen gewaschen, um die Keimzahl auf der Haut zu vermindern. Die Zahl der operationsbedingten Infektionen könnte so mehr als halbiert werden.

Muskelschonende OP-Verfahren können den Blutverlust reduzieren. »Zudem vermindern kürzere Operationszeiten und das Wärmen des Patienten während der Operation das Infektionsrisiko«, informierte der Chirurg.

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