Positive Phase-III-Ergebnisse für inaktivierten Ganzvirus-Impfstoff |
Theo Dingermann |
19.10.2021 11:00 Uhr |
Der Covid-19-Impfstoffkandidat von Valneva enthält ganze, inaktivierte SARS-CoV-2-Viren als Antigen. / Foto: Adobe Stock/Corona Borealis
VLA2001 ist ein Covid-19-Impfstoffkandidat, der inaktivierte SARS-CoV-2 Viren als Antigen enthält. Zudem enthält er zwei Adjuvanzien: Alaun (Aluminiumhydroxid) und CpG 1018. Diese Adjuvans-Kombination hatte in präklinischen Experimenten durchweg höhere Antikörperspiegel induziert als reine Aluminiumhydroxid-Formulierungen. Zudem wurde eine gewünschte Verschiebung der Immunantwort in Richtung Th1 gezeigt. Das Adjuvans CpG 1018 der Dynavax Technologies Corporation ist ein Bestandteil des in den USA und in Europa zugelassenen Hepatitis-B-Impfstoffs Heplisav-B®.
VLA2001 machte kürzlich Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass die britische Regierung eine große Vorbestellung über 100 Millionen Dosen für 2021/22, mit Option auf 190 Millionen Dosen bis 2025 gekündigt hatte. Angeblich seien Verpflichtungen aus dem Liefervertrag verletzt worden, weshalb die Regierung in London von ihrem Kündigungsrecht gebrauch gemacht habe, hieß es.
Ungeachtet dieser schlechten Nachricht setzten die Franzosen ihren Plan zur Entwicklung von VLA2001 fort und können jetzt positive Ergebnisse vermelden. Kern dieses Plans war die zulassungsrelevante Phase-III-Studie »Cov-Compare«, eine Vergleichsstudie mit AZD1222 (Vaxzevria®), dem Covid-19-Impfstoff der Firma Astra-Zeneca.
Für die Studie wurden insgesamt 4012 Teilnehmer im Alter von 18 Jahren und älter an 26 Studienzentren in Großbritannien rekrutiert. Als primäre Endpunkte wurden die Überlegenheit von VLA2001 gegenüber Vaxzevria in Bezug auf den geometrischen mittleren Titer für neutralisierende Antikörper sowie Nichtunterlegenheit in Bezug auf die Serokonversionsraten zwei Wochen nach der zweiten Impfung (an Tag 43) bei Erwachsenen im Alter von 30 Jahren und älter definiert.
Etwa 3000 Teilnehmer im Alter von 30 Jahren und älter wurden in einem Verhältnis von 2:1 randomisiert. Sie erhielten entweder zwei intramuskuläre Dosen VLA2001 oder Vaxzevria. Zusätzlich nahmen circa 1000 Personen im Alter von 18 bis 29 Jahren an dieser Studie teil. Sie erhielten VLA2001 in einer nicht randomisierten, offenen Form. Die beiden Impfdosen für VLA2001 und Vaxzevria wurden im Abstand von 28 Tagen verabreicht, und zwar an den Tagen 1 und 29.
Probanden, die zwei Dosen VLA2001 erhalten hatten, zeigten zwei Wochen nach Erhalt der zweiten Dosis einen geometrischen mittleren Titer (GMT) für neutralisierende Antikörper von 803,5, wohingegen Probanden, die zwei Dosen Vaxzevria erhalten hatten, GMT von 576,6 auswiesen.
Zudem zeigte die Auswertung von T-Zell-Reaktionen bei einer Untergruppe der Teilnehmer, dass VLA2001 antigenspezifische IFN-gamma-produzierende T-Zellen induzierte, die gegen das S-Protein (74,3 Prozent), das N-Protein (45,9 Prozent) und das M-Protein (20,3 Prozent) reaktiv waren.
VLA2001 war im Allgemeinen gut verträglich. Das Verträglichkeitsprofil von VLA2001 war laut Pressemitteilung deutlich günstiger als das des Vergleichsimpfstoffs Vaxzevria. Es wurden zudem keine schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen gemeldet. Die Teilnehmer der jüngeren Altersgruppe, die mit VLA2001 geimpft wurden, wiesen insgesamt ein vergleichbares Sicherheitsprofil auf wie die ältere Altersgruppe.
Adam Finn, Professor für Pädiatrie an der Universität Bristol und leitender Prüfarzt der Studie, sagte laut Pressemitteilung: »Die geringe Reaktogenität und die hohen funktionellen Antikörperreaktionen sowie die breiten T-Zell-Reaktionen, die mit diesem adjuvantierten inaktivierten Vollvirusimpfstoff beobachtet wurden, sind beeindruckend und äußerst ermutigend. Dies ist ein viel traditionellerer Ansatz für die Impfstoffherstellung als die bisher im Vereinigten Königreich, in Europa und in Nordamerika eingesetzten Impfstoffe, und diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass dieser Impfstoffkandidat auf dem besten Weg ist, eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Pandemie zu spielen.«
Thomas Lingelbach, der Chief Executive Officer von Valneva, sagte: »Diese Ergebnisse bestätigen die Vorteile, die häufig mit inaktivierten Vollvirusimpfstoffen in Verbindung gebracht werden. Wir sind entschlossen, unseren differenzierten Impfstoffkandidaten so schnell wie möglich zur Zulassung zu bringen und glauben weiterhin, dass wir einen wichtigen Beitrag zum weltweiten Kampf gegen die Covid-19-Pandemie leisten können. Wir sind sehr daran interessiert, eine alternative Impfstofflösung für Menschen anzubieten, die noch nicht geimpft sind.«
Gegenüber BBC News erklärte Professor Dr. Penny Ward, Arzneimittelexpertin am King's College London: »Wie wir wissen, befindet sich die britische Regierung im Streit mit Valneva, nachdem sie im September die Bestellung von bis zu 100 Millionen Dosen, die von der Vaccines Taskforce für 2020 aufgegeben wurde, storniert hat. Die heutigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Entscheidung noch bereut werden könnte. Andererseits könnten andere Länder, die mit den Tiefkühltransportanforderungen anderer, teurerer Impfstoffe zu kämpfen haben, von der Entscheidung profitieren. Das sind gute Nachrichten für Covax und die Länder, die noch auf Lieferungen warten.«
Valneva hat ein Rolling-Review-Verfahren für die Erstzulassung bei der britischen Regulierungsbehörde für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte (MHRA) gestartet und bereitet sich auf ein analoges Verfahren für die bedingte Zulassung durch die Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) vor.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.