Ponesimod verhindert Schübe besser als Teriflunomid |
Brigitte M. Gensthaler |
28.06.2021 07:00 Uhr |
Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind Nasopharyngitis und Infektionen der oberen Atemwege (19,7 und 11 Prozent) sowie erhöhte Alanin-Aminotransferase-Werte (17,9 Prozent). Weiterhin häufig waren unter anderem Harnwegsinfektionen, Husten, Dyspnoe und Kopfschmerzen.
In der OPTIMUM-Studie trat eine Bradykardie zu Behandlungsbeginn bei 5,8 Prozent der mit Ponesimod behandelten Patienten auf, verglichen mit 1,6 Prozent der Patienten im Vergleichsarm. Die Patienten waren meist asymptomatisch und die Bradykardie klang bei allen ohne Intervention und ohne Absetzen der Medikation ab. Vorsichtshalber muss der Arzt vor Behandlungsbeginn mit Ponesimod bei allen Patienten ein Elektrokardiogramm (EKG) anlegen, um festzustellen, ob Erregungsleitungsstörungen bestehen. Bei Patienten mit Sinusbradykardie (Herzfrequenz ≤ 55 Schläge/Minute), AV-Block ersten oder zweiten Grades, Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz in der Anamnese (länger als sechs Monate zurückliegend) wird eine mindestens vierstündige Überwachung nach der Erstdosis empfohlen, an deren Ende ein EKG aufgezeichnet wird.
Bei Patienten unter Betablocker-Therapie ist aufgrund der additiven Wirkung auf die Abnahme der Herzfrequenz Vorsicht geboten. Vor Behandlungsbeginn mit Ponesimod ist möglicherweise eine Unterbrechung der Betablocker-Einnahme erforderlich. Bei Patienten mit bestimmten Herzproblemen oder -medikationen, zum Beispiel mit deutlicher QT-Zeit-Verlängerung oder Einnahme von QT-verlängernden Arzneimitteln mit bekannten arrhythmogenen Eigenschaften, sollte ein Kardiologe hinzugezogen werden.
Patienten mit Uveitis oder Diabetes mellitus haben unter S1P-Rezeptor-Modulatoren ein erhöhtes Risiko für Makulaödeme. Daher sind vor Behandlungsbeginn mit Ponesimod eine Untersuchung des Augenhintergrunds und während der Therapie regelmäßige Nachuntersuchungen erforderlich.
Aufgrund eines potenziellen Risikos für Hautmalignome sollen sich die Patienten während der Therapie nicht ungeschützt der Sonne aussetzen und dürfen keine Photo(chemo)therapie bekommen. Zudem wichtig: Impfungen können weniger wirksam sein, wenn sie während der Behandlung und bis zu eine Woche nach Absetzen von Ponesimod verabreicht werden. Attenuierte Lebendimpfstoffe sind zu vermeiden.
Ponesimod hat – im Vergleich zu anderen S1P-Rezeptor-Modulatoren – eine relativ kurze Eliminationshalbwertszeit von etwa 33 Stunden. Es entstehen keine aktiven Metaboliten. Das bedeutet, dass sich die Lymphozytenzahl im Blut etwa eine Woche nach Absetzen der Medikation wieder normalisiert hat.
Ponesimod ist der vierte MS-Wirkstoff, der an Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptoren modulierend wirkt. Im Vergleich zum unselektiven Rezeptormodulator Fingolimod mag Ponesimod, das mit hoher Affinität an den Rezeptorsubtyp 1 bindet, Vorteile haben. Unter anderem gilt dies auch für mögliche Off-Target-Effekte. Gegenüber den 2020 eingeführten Wirkstoffen Siponimod und Ozanimod, die an den Subtypen 1 und 5 ansetzen, ist aber kein Vorteil erkennbar. Möglicherweise hat sogar die Wirkung am Subtyp 5, die bei Ponesimod fehlt, einen Effekt auf die Remyelinisierung im Gehirn. Auch hinsichtlich des Anwendungsgebiets bringt Ponesimod keinen Fortschritt. Es kommt wie Ozanimod -bei der schubförmigen MS mit aktiver Erkrankung zum Einsatz. Daher kann man diesen Neuling trotz der nachgewiesenen besseren Wirksamkeit in einer direkten Vergleichsstudie mit Teriflunomid vorläufig nur bei den Analogpräparaten einsortieren.
Sven Siebenand, Chefredakteur