Politik

"Die Zeiten für Apotheken und Apotheker sind nicht rosig", stellte Otto
Späth, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbands (HAV), kurz und
bündig fest. Budgets, Richtgrößen und Bonusverträge verheißen
Umsatzrückgänge in beachtlicher Höhe. Es könne in diesem System etwas
nicht mehr stimmen, wenn Ärzte fürchten müssen, für den Einsatz einer
wirkungsvollen Therapie bestraft zu werden und gleichzeitig davon
profitieren sollen, wenn sie ihre Verordnungen gegen Null fahren. "Wir
wehren uns nicht gegen den wirtschaftlichen Einsatz von Arzneimitteln,
sondern gegen die Aushöhlung der Qualität der Arzneimittelversorgung", so
der HAV-Vorsitzende. Dies habe nichts mit sinnvoller Pharmakotherapie zu
tun, sondern ausschließlich mit Sparen unter Qualitätsverzicht.
Solange Bonusverträge modellhaft ohne Beteiligung der Apotheker erprobt werden,
soll das qualitative Element offenbar bewußt ausgeschaltet werden, so Späth. Ein
hohes Maß an Arzneimittelsicherheit könne nur dann gewährleistet werden, wenn
der apothekerliche Sachverstand auf allen Ebenen eingebunden werde.
Als Zeichen für die Leistungsbereitschaft des Berufsstandes führte Späth die
hochqualifizierten Möglichkeiten der Arzt- und Arzneimittelinformation an. "Über
unsere Rechenzentren stellen wir den Apotheken umfassendes Informationsmaterial
über das Verordnungsverhalten der Ärzte zur Verfügung, so daß auch auf dieser
Ebene ein Höchstmaß an sicherer Information gegeben ist". Späth bedauerte
allerdings, daß die Ärzteorganisationen sehr oft nicht daran interessiert seien, den
einzelnen Arzt anhand der Daten, die die Apotheker haben, voll umfänglich über sein
Verordnungsverhalten und das wirtschaftliche Volumen seiner Verordnungen zu
informieren. Hier müsse Abhilfe geschaffen werden.
Ein Überblick des HAV-Vorsitzenden über das Kongreßprogramm zeigte: Das
Angebot wendet sich an aufgeschlossene, entwicklungsfähige Kolleginnen und
Kollegen, die im dynamischen Wirtschaftsprozeß nicht stillstehen wollen. Die
Selbstmedikation zum Beispiel gehöre in die verantwortungsvolle Hand des
Apothekers. Das Arzneimittel dürfe nicht zum willkürlichen Konsumgut werden, das
nach den Prinzipien des Sommer- und Winterschlußverkaufs auf den Markt
geworfen werde.
Von der Politik erwartet der Berufsstand nach Späths Worten Planungssicherheit in
Form von verläßlichen Entscheidungen. Dies gelte für das Verbot des
Versandhandels von Arzneimitteln auch aus dem europäischen Ausland, für die
Festigung der Arzneimittelpreisverordnung und die Eingrenzung des
Zuständigkeitsbereichs der Krankenhausapotheken auf den stationären Bereich.
Späth warnte: Eine soziale und ökonomische Demontage der Apotheker komme
einer Demontage eines tragenden Teils des deutschen Gesundheitswesens gleich.
PZ-Artikel von Gisela Stieve, Frankfurt am Main


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