Plattformen als Chance für die AMTS? |
Jennifer Evans |
19.04.2023 11:00 Uhr |
Die eigene Gesundheit selbst managen und sich auch digital mit Versorgern austauschen – Gesundheitsplattformen wollen Orientierung bieten und können künftig den Versorgungsprozess verändern. / Foto: Adobe Stock/NicoElNino
Die Digitalisierung verändert die Gesundheitsversorgung Schritt für Schritt. Meistens steht dabei im Fokus, auf welche Weise Patienten von den digitalen Angeboten profitieren. Doch zuweilen sind ebenfalls Apotheker, Ärzte und Leistungserbringer Feuer und Flamme für die neuen Versorgungsformen übers Netz sind, wie beim BMC-Kongress zutage kam, der in dieser Woche in Berlin stattfindet.
So brächten Gesundheitsplattformen »interessante Jobperspektiven für Ärzte«, bemerkte Max Müller, CEO der Telemedizinplattform Teleclinic. Denn die Mediziner können durch die digitalen Services zunehmend auch »remote arbeiten«. Dies bringe etwa mit Blick auf die Betreuung der eignen Kinder Vorteile mit sich – wie in vielen anderen Branchen natürlich auch.
Für die Chancen von Gesundheitsplattformen wirbt auch Friederike Geiß, Apothekerin bei der Versandapotheke Doc Morris. Ihr geht es vor allem um die Potenziale, die dadurch für die Arzneimittel-Therapiesicherheit (AMTS) entstehen. In Verbindung mit der elektronischen Patientenakte (EPA) ließen sich künftig noch mehr Medikationsfehler aufdecken, betonte sie. Derzeit prüfen ihren Angaben zufolge zwar schon Algorithmen, ob eine Medikation beispielweise zu Alter und Geschlecht eines Patienten passt. Aber die Möglichkeiten seien weiteraus größer, betonte sie.
Den Vor-Ort-Apotheken sind solche Plattform-Lösungen oft ein Dorn im Auge. Nicht nur angesichts der wirtschaftlichen Interessen, die dahinterstehen, sondern auch aufgrund rechtlicher Fragen. Insbesondere der Marktplatz von Doc Morris dürfte für die Apothekerinnen und Apotheker hierzulande einen unangenehmen Beigeschmack haben.
Wer mit der Plattform des niederländischen Versenders kooperieren will, für den fällt nämlich nicht nur eine ordentliche monatliche Gebühr an, sondern die Betreiber hatten zuletzt auch eine umsatzabhängige Transaktionsgebühr für OTC-Präparate verlangt. Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) erachtete diese Praktiken als Verstoß gegen § 8 Apothekengesetz (ApoG) und ging aufgrund vermeintlich rechtswidriger Gewinnbeteiligungen gerichtlich dagegen vor.
Schließlich entschied das Landgericht Karlsruhe, dass eine Vor-Ort-Apotheke nicht wirtschaftlich abhängig sein darf, wenn die Versorgung der Bevölkerung auf dem Spiel steht. Außerdem bekräftigten die Richter, dass sich Dritte grundsätzlich nicht an Apotheken bereichern dürften. Stattdessen müsse der Inhaber sowohl in pharmazeutischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht verantwortlich für seinen Betrieb bleiben. Als Begründung führte das Gericht auch § 11 ApoG an, in dem unter anderem das erweiterte Makelverbot enthalten ist. Die AKNR hatte sich über den Ausgang des Rechtsstreits gefreut. Ihrer Auffassung nach zeigt das Urteil der Richter, dass kapitalmarktgesteuerte Interessen ausländischer Großkonzerne nicht das etablierte System der öffentlichen Apotheke gefährden dürfen.