Pharmazie

Etwa vier Prozent der Weltbevölkerung leiden an rheumatischen
Erkrankungen. Die Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR)
spielt eine zentrale Rolle. Hohe Dosen dieser Arzneimittel können im
Gastrointestinaltrakt jedoch Schleimhautläsionen auslösen, die wiederum
zur Ulkusentwicklung führen können. Perspektiven zur Lösung des
Problems stellten Experten auf einer Veranstaltung von Heumann und
Hoechst Marion Roussel vor.
Bei bis zu 60 Prozent der Anwender von NSAR kommt es zu Schleimhautläsionen,
aus denen sich in 11 bis 25 Prozent der Fälle Ulzera entwickeln. Problematisch sei
die zu späte Diagnose eines Ulkus. Da Analgetika die Schmerzen hemmen, sei in 58
Prozent der Fälle das erste Anzeichen einer Erkrankung gleichzeitig eine
lebensbedrohliche Komplikation, sagte Professor Dr. Siegfried Ernst Miederer,
Chefarzt am Evangelischen Johannes-Krankenhaus in Bielefeld.
Der Einfluß von Helicobacter pylori sei noch nicht geklärt. Interessant ist laut
Miederer, daß Patienten, die mit dem Bakterium infiziert sind, keiner Risikogruppe
zuzuordnen sind. Dennoch könne ein Ulkus unter NSAR bei Anwesenheit von H.
pylori einen schlechteren Verlauf nehmen. Zur Verhütung empfiehlt Miederer die
Eradikation des Bakteriums sowie als Prophylaxe die Einnahme eines
Prostaglandin-E
1-Analogons.
Das Risiko einer Erkrankung durch NSAR hänge unter anderem auch von Faktoren
wie Alter, Ulzera in der Anamnese, gleichzeitiger Corticosteroid-Gabe, paralleler
Einnahme von Antikoagulantien sowie Rauchen, Streß oder Alkohol ab, sagte
Professor Dr. Erika Gromnica-Ihle, Chefärztin an der Rheumaklinik in Berlin-Buch.
Risiko-erhöhend wirke auch die gleichzeitige Einnahme verschiedener NSAR.
Professor Dr. Jürgen C. Frölich vom Institut für Pharmakologie der Medizinischen
Hochschule in Hannover, erläuterte Strategien zur Vermeidung NSAR-bedingter
gastrointestinaler Störungen. Als Ansätze nannte er die Reduktion der
Magensäuresekretion oder die Änderung der Darreichungsformen. Auch die
Anwendung von Prodrugs sei untersucht worden. Zwar seien diese besser
magenverträglich gewesen, hätten aber zum Teil zusätzlich nierenschädigend gewirkt.
Die Gabe von Antacida wertete Frölich als wenig sinnvoll, da durch Maskierung der
subjektiven Symptomatik ein Ulkus übersehen werden könne. Außerdem komme es
zu pharmakologischen Interaktionen mit NSAR.
In der Therapie müsse ein Arzneimittel eingesetzt werden, das eine geringe Inzidenz
von Blutungen aufweise und bei gefährdeten Patienten das Risiko senke. Er empfahl
dazu eine Substitutionstherapie mit einem Prostaglandin-E
1-Analogon wie
Misoprostol. In unterschiedlichen Studien habe sich gezeigt, daß die Kombination
aus einem NSAR und einem Prostaglandin-E
1-Analogon die gastrointestinalen
Nebenwirkungen herabsetze, ergänzte Gromnica-Ihle. Für die Zukunft würden
allerdings größere Hoffnungen auf eine selektive medikamentöse Therapie durch die
Hemmung der Cyclooxygenase 2 gelegt.
PZ-Artikel von Christina Overhamm, Frankfurt am Main



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