Pharmazie

Seit dem 15. Januar ist das erste Antihistaminikum mit europäischer
Zulassung auf dem deutschen Markt. Mizolastin ist zugelassen zur
Behandlung der saisonalen und ganzjährig andauernden allergischen
Rhinokonjunktivitis sowie der chronischen idiopathischen Urtikaria bei
Erwachsenen und Kindern ab zwölf Jahren. Der Nutzen bei allergischem
Asthma ist noch nicht geklärt.
Mizolastin aus der Reihe der Benzimidazole ist ein selektiver und spezifischer
Hemmstoff der peripheren H
1-Histaminrezeptoren, der aus den Forschungslabors
der Synthelabo Arzneimittel GmbH stammt. In Rezeptorbindungsstudien an
Nagetieren zeigte Mizolastin eine höhere Affinität zu den H
1-Rezeptoren als
Astemizol, Terfenadin, Cetirizin und Loratadin. Die Affinität für serotonerge,
noradrenerge und muscarin-cholinerge Rezeptoren war sehr gering. Auch bei der
Histamin-induzierten Reduktion des Rattenpfotenödems war es effektiver als andere
Antihistaminika.
Nach den Ergebnissen von 27 klinischen Studien mit über 3700 Patienten ist
Mizolastin wirksam in der Behandlung der saisonalen (Heuschnupfen) und der
perennialen allergischen Rhinitis (Hausstauballergie) sowie bei Urtikaria
(Nessel-/Quaddelsucht), erklärte Dr. Jürgen Beck von der Synthelabo-Groupe,
Frankreich, beim Einführungssymposium in Prien am Chiemsee. Die Wirkung gegen
primäre Symptome wie Niesreiz und tränende Augen setzt etwa 20 Minuten nach
peroraler Gabe von 10 mg Mizolastin (Mizollen®) ein. Nach etwa vier Stunden
kann mit einer 80prozentigen Reduktion der Histamin-induzierten Quaddelbildung
und Rötung gerechnet werden.
Bei der Hausstauballergie (Rhinitis) wird neben Niesreiz, Sekretion und
Augensymptomen auch die nasale Obstruktion klinisch relevant verbessert,
berichtete Professor Dr. Claus Bachert von der HNO-Universitätsklinik in Gent,
Belgien. Möglicherweise entstehe dieser Effekt durch die zusätzliche Hemmung der
Leukotrien-Freisetzung durch Mizolastin. Aufgrund der antiinflammatorischen
Eigenschaften könnte Mizolastin möglicherweise auch bei allergischem Asthma
eingestzt werden, vermutete Beck.
Zur Kinetik und Metabolisierung
Nach peroraler Gabe von Mizolastin werden maximale Plasmakonzentrationen nach
1,5 Stunden erreicht; die Bioverfügbarkeit beträgt 65 Prozent, die
Plasmaproteinbindung 98,4 Prozent. Die durchschnittliche Eliminationshalbwertszeit
liegt bei 13 Stunden, was die einmal tägliche Gabe ermöglicht.
Mizolastin wird zu pharmakologisch inaktiven Metaboliten umgebaut. Die Substanz
wird zu zwei Dritteln in der Leber glucuronidiert und dann fäkal ausgeschieden. Der
Rest wird unter Beteiligung des Cytochrom-P450-Isoenzyms 3A4 oxidiert. Daher
können die Plasmaspiegel bei gleichzeitiger Gabe von Ketoconazol oder
Erythromycin leicht erhöht sein. Eine Dosisanpassung ist nach Firmenaussagen
weder bei eingeschränkter Nierenfunktion noch bei leichter bis mittelschwerer
Leberinsuffizienz nötig. In der Langzeittherapie (Studien über ein Jahr) wurden
weder Kumulation noch Tachyphylaxie beobachtet.
Bei doppelblinden randomisierten Studien mit 1689 Patienten gaben 8,3 Prozent der
Verumgruppe Benommenheit an (unter Placebo 2,1 Prozent), 4,6 Prozent klagten
über Schwächegefühl (2,5 Prozent unter Placebo). Kopfschmerzen wurden unter
Placebo häufiger genannt als unter Verum (15,1 versus 12,4 Prozent). Klinisch
signifikante kardiale Risiken wie Herzarrhythmien wurden nicht beobachtet, betonte
Beck.
Das neue Antihistaminikum macht nicht müde: In standardisierten Tests lag der
Wachheitsgrad unter 10 mg Mizolastin nahezu auf Placeboniveau, im Fahrtest wurde
die Fahrkonzentration nicht signifikant beeinflußt.
PZ-Artikel von Brigitte M. Gensthaler, München



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