Pflege als Teil der Therapie |
Die zweimal tägliche Hautpflege sollte für Neurodermitis-Betroffene auch in schubfreien Zeiten dazugehören. / Foto: Adobe Stock/Olga Ternavskaya
Professorin Dr. Petra Staubach-Renz von der Hautklinik der Universität Mainz stellte das multimodale Krankheitsbild der atopischen Dermatitis vor. Diese entsteht auf dem Boden einer genetischen Veranlagung und wird als Hautbarriere-Störung mit einem veränderten Mikrobiom und fehlgeleiteten Immunreaktionen verstanden. Typisch für die chronische Hauterkrankung ist ihr Verlauf in Schüben. »Klassischerweise verläuft die Neurodermitis biphasisch, und zwar mit zwei Exazerbationszeitpunkten. Die erste Exazerbation erfolgt meist im Vorschul-, die zweite im frühen Erwachsenenalter«, informierte die Dermatologin.
Gelinge allerdings im Kindesalter eine gute Symptomenkontrolle mit geeigneter und konsequenter Basispflege, erlebten die Kinder während der Schulzeit eine erhebliche Besserung ihres Hautzustands und die zweite Exazerbation trete nicht ein. »Dank besserer Kenntnisse im Immun- und Entzündungsgeschehen und zielgerichteter Therapien sind heute 70 Prozent der erkrankten Kinder als Erwachsene symptomfrei, auch wenn die atopische Diathese bleibt.«
Staubach-Renz betonte die Wichtigkeit der Prophylaxe und Prävention. »Wenn wir nichts an unserem Verhalten ändern, werden wir alle irgendwann Atopiker sein«, zeichnete die Referentin ein eher düsteres Bild. Es gelte bereits in frühester Kindheit die Barrierefunktion der Haut mit einer geeigneten Basistherapie zu erhalten. Da das Atopie-Risiko mit der Anzahl der betroffenen Elternteile steigt, gehöre etwa die Hautpflege bei Kindern, bei denen beide Elternteile betroffen sind, »von Tag 1 an zum Pflichtprogramm«. Daneben sind Stillen, frühes Beifüttern, die Vermeidung von frühkindlichen RSV-Infektionen und möglichst wenige bis keine systemischen Antibiotika erwiesene Prophylaxe-Maßnahmen. Auch die topische Anwendung von Antibiotika, inklusive Fusidinsäure, sei zu meiden. Staubach-Renz propagierte den Einsatz von Antiseptika.
Neurodermitiker versorgen ihre Haut am besten zweimal täglich mit geeigneten Pflegepräparaten — und das auch in den schubfreien Intervallen und/oder während einer eventuellen Biologika-Therapie. »Betroffene brauchen 1 Kilogramm Pflege pro Monat«, verdeutlichte Staubach-Renz. »Basistherapeutika sollten immer fettend, hydratisierend und filmbildend sein. Und zwar nie einzeln, sondern alles in einem Präparat.« Als Lipidkomponente empfahl sie Phospholipide, Ceramide oder Ceramid-Derivate, etwa aus Jojoba-, Weizenkeim-, Traubenkern- oder Nachtkerzensamenöl. Sie stärken den Wiederaufbau der epidermalen Hautbarriere. Ceramide fungieren überdies als interzelluläre Kittsubstanzen.
Zusätzlich sollten die Zubereitungen Feuchthaltefaktoren wie Harnstoff, Milchsäure, Glycerol, Pyrrolidoncarbonsäure oder Hyaluronsäure enthalten, um die Restfeuchte an epidermalem Wasser in der Haut zurückzuhalten und zu erhöhen. In der Säuglings- und Kleinkindpflege sei man mit Glycerol-haltigen Topika auf der sicheren Seite, so Staubach-Renz. Hier treten Urea-Nebenwirkungen wie Hautirritationen, Rötungen und Brennen besonders häufig auf. Zudem legt die Dermopharmazie-Expertin besonderen Wert auf eine filmbildende Komponente in der Pflegerezeptur, etwa Vaseline, Paraffinum liquidum, Cera microcristallina, Dimethicon oder Polysiloxan. Nur so könne ein dünner, gut spreitender hydrophober Film auf der Hautoberfläche den transepidermalen Wasserverlust begrenzen.
Von den Mengenverhältnissen ist Folgendes zu beachten: Während akut entzündete Haut mit nässenden Ekzemen nach wasserhaltiger Pflege verlangt, braucht trockene, nicht entzündete Haut lipophile Grundlagen. Je akuter das Ekzem, desto höher sollte der Wassergehalt der Grundlage sein. Je trockener die Haut, desto lipophiler sollte die Grundlage ausfallen. Oberster Grundsatz eines geeigneten Präparats ist aber laut Staubach-Renz: »Die Formulierung muss dem Patienten von der Haptik her angenehm sein.« Ihr Tipp: Bei einem Vorabtest in der Offizin solle der Betroffene nicht nur mit der Fingerbeere testen, sondern die Zubereitung großflächig auf dem Handrücken verteilen.