Paxlovid gegen Covid-19 |
Annette Rößler |
26.02.2022 12:00 Uhr |
Wirksamkeit und Sicherheit von Paxlovid wurden in der Phase-II/III-Studie EPIC-HR untersucht, deren Ergebnisse kürzlich im »New England Journal of Medicine« erschienen sind (DOI: 10.1056/NEJMoa2118542). An der Studie nahmen 2246 nicht gegen Covid-19 geimpfte Patienten mit symptomatischem Covid-19 teil, die zwar nicht im Krankenhaus behandelt wurden, bei denen aber ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf der Erkrankung vorlag. Sie wurden innerhalb von fünf Tagen nach Symptombeginn fünf Tage lang zur Hälfte mit Paxlovid (1120 Patienten) und zur Hälfte mit Placebo (1126 Patienten) behandelt.
Der zusammengesetzte Wirksamkeitsendpunkt – Hospitalisierung aufgrund von Covid-19 oder Tod jeglicher Ursache bis Tag 28 – wurde zunächst ausschließlich bei Patienten bestimmt, bei denen die Behandlung innerhalb von drei Tagen nach Symptombeginn gestartet worden war. Er wurde in der Paxlovid-Gruppe bei drei von 389 Patienten erreicht und in der Placebogruppe bei 27 von 385 Patienten. Das entsprach einer relativen Risikoreduktion um 89,1 Prozent oder einer absoluten um 6,32 Prozentpunkte.
Wurden alle Teilnehmer der Studie (abzüglich derer, die mit therapeutischen Antikörpern behandelt wurden) in die Analyse einbezogen, betrug die relative Risikoreduktion 87,8 Prozent: Acht von 1039 Patienten in der Verumgruppe versus 66 von 1046 in der Placebogruppe erreichten den zusammengesetzten Wirksamkeitsendpunkt. Alle 13 Patienten, die im Verlauf der Studie verstarben, gehörten der Placebogruppe an.
Als häufigste Nebenwirkungen von Paxlovid wurde in der Studie von Geschmacksstörungen (5,6 Prozent der Behandelten), Diarrhö (3,1 Prozent), Kopfschmerzen (1,4 Prozent) und Erbrechen (1,1 Prozent) berichtet.
In der EU sind mittlerweile einige Medikamente für den Einsatz bei Covid-19 zugelassen. Eines der ersten war das antiviral wirksame Remdesivir. Die optimale Substanz gegen SARS-CoV-2 ist es aber noch nicht. Zum einen muss es infundiert werden, zum anderen wirkt es nicht spezifisch gegen das Coronavirus. Einen dieser Nachteile bügelt der oral verfügbare Wirkstoff Molnupiravir (Lagevrio®) aus, der hierzulande seit Anfang des Jahres bereits vor der EU-Zulassung verordnet werden darf, aber auch nicht spezifisch gegen SARS-CoV-2 gerichtet ist.
Anders sieht das bei der Neueinführung Paxlovid™ aus. Einer der enthaltenen Wirkstoffe, Nirmatrelvir, ist ein maßgeschneiderter Arzneistoff, der gezielt eine wichtige Protease des Virus hemmt. Allein das neue Target von Nirmatrelvir rechtfertigt die vorläufige Einstufung als Sprunginnovation. Hinzu kommen die einfache orale Gabe, die im ambulanten Setting – und damit in der Frühphase der Infektion – möglich ist, sowie die vielversprechenden Studienergebnisse. Krankenhauseinweisungen wegen Covid-19 und Todesfälle konnte das neue Medikament demnach verhindern. Bislang gibt es zwar keinen direkten Vergleich zwischen den beiden oralen Covid-19-Mitteln Lagevrio und Paxlovid, indirekt schneidet Letzteres aber eindeutig besser ab. Wünschen würde man sich noch Daten zur Wirksamkeit bei geimpften Personen, auch mit Blick auf die Tatsache, dass der Effekt von Paxlovid bei Genesenen mit positivem Antikörperstatus geringer ausfiel.
Hinsichtlich der Verträglichkeit bereitet Paxlovid bisher keine Sorgen. Zu bedenken ist allerdings sein Interaktionspotenzial, das durch den Ritonavir-Booster zustande kommt. Die klinische Bedeutung dieser Wechselwirkungen ist aber bei dem kurzen Behandlungszeitraum von fünf Tagen wahrscheinlich geringerer als bei einer langfristigen Anwendung etwa gegen HIV. Das Management möglicher Interaktionen mit Paxlovid ist daher für Apothekenteams gut zu bewältigen.
Sven Siebenand, Chefredakteur