Overwiening: »Kassen und Politik können oder wollen nicht rechnen« |
Daniela Hüttemann |
05.06.2024 18:00 Uhr |
Eindringlich schilderte ABDA- und AKWL-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, wie die Verhandlungen mit Politik und Krankenkassen laufen. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Sie führt im Grunde täglich Gespräche für die Sache der Apotheker, nur Termine mit dem Bundesgesundheitsminister sind rar. Immerhin hatte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening am Montag einen offiziellen Termin, von dem sie zur heimischen Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) aber keine guten Nachrichten mitbringen konnte. Doch Abwarten oder Aufgeben sind für Overwiening keine Option.
In den vergangenen zehn Jahren seien die Personalkosten in den Apotheken um drei Viertel gestiegen, die Sachkosten um über 40 Prozent – die Vergütung je Packung aber nur um gut ein Zehntel. »Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach weiß von dieser bedrohlichen Entwicklung, die sich von Monat zu Monat verschärft, unternimmt aber rein gar nichts, um die Apotheken zu stabilisieren«, kritisierte die Kammer- und ABDA-Präsidentin.
Rund 500 Apotheken mussten 2023 bundesweit schließen, davon etwa ein Zehntel in Westfalen-Lippe. »Seitdem haben wir schon wieder mehr als 200 Apotheken in Deutschland verloren«, informierte Overwiening am heutigen Mittwoch in Münster. »Wir als modernes Land entwickeln uns zurück«, konstatierte Overwiening im europäischen Vergleich. Deutschland liege mit 21 Apotheken pro 100.000 Einwohnern mittlerweile im unteren Drittel.
In Westfalen-Lippe sei die Entwicklung noch deutlicher als auf Bundesebene: Man sei auf dem niedrigsten Stand seit 60 Jahren. Zum Stichtag 31. Mai 2024 waren es nur noch 1692 Apotheken, davon 456 Filialen. Damit habe sich die Zahl der Inhaberinnen und Inhaber seit 2005 in etwa halbiert. »Schon jetzt sind uns für den weiteren Verlauf des Jahres 20 weitere Schließungen gemeldet worden«, so die Kammerpräsidentin. Lege man die Entwicklungen der vergangenen Jahre zugrunde, dürfte die Zahl der Apotheken in Westfalen-Lippe bis Ende 2024 auf unter 1650 fallen.
Die Mischkalkulation, mit der früher defizitäre Leistungen wie Rezeptur oder Substitution von Drogenabhängigen durch ein auskömmliches Packungshonorar querfinanziert wurden, gehe schon lange nicht mehr auf. Daher brauche es dringend mehr Entlastungen für die Apotheken. Lauterbach und Lindner bleiben jedoch derzeit hart beim Honorar.