Overwiening: »Kassen und Politik können oder wollen nicht rechnen« |
Daniela Hüttemann |
05.06.2024 18:00 Uhr |
Selbst niedrige Schätzungen würden von jährlichen Kosten für die Nonadhärenz (jeder zweite Patient!) von 10 Milliarden Euro ausgehen. »Wir kosten die GKV derzeit nur 5,74 Milliarden Euro pro Jahr – wenn wir das bekommen würden, was wir hier helfen könnten, den Krankenkassen einzusparen, wären wir sehr einverstanden – aber dann muss man uns auch machen lassen. Dazu brauchen wir mehr Entscheidungskompetenzen und weniger Bürokratie«, sagte die ABDA-Präsidentin. Denn auch Bürokratie-Abbau sei eine finanzielle Belastung. Trotzdem werde es nicht ohne zusätzliches Geld im Apothekensystem gehen.
Die ABDA habe dem Minister zudem durchaus Vorschläge gemacht, wie man die Apotheken entlasten und stärken könnte, auch ohne das vom Minister ungeliebte Gießkannenprinzip anzuwenden – und ohne ein eigenes Gesetz. Denn wann und wie die von Lauterbach angekündigte Apothekenreform kommt, ist weiterhin mit vielen Fragezeichen versehen.
Daran hänge allerdings die Kommunikationsstrategie der ABDA mit weiteren Maßnahmen, erklärte Overwiening und bremste Forderungen nach Streiks. Sie versprach: »Im Verlauf der nächsten Monate werden wir intensiven Kontakt mit dem Parlament halten, unsere Leistungen betonen und auch andere Wege probieren – dann werden wir Chancen haben.«
Gespräche auf höchster Ebene reichten aber nicht: Jede einzelne Apotheke müsse ihre Leistungen und ihren Wert erlebbar machen und auch kommunizieren. »Wir sind hochgradig intrinsisch motiviert und wollen für die Menschen da sein, deshalb haben wir Pharmazie studiert und nicht BWL, das ist unser roter Faden. Dem zu folgen, werden wir uns nicht abbringen lassen, auch wenn man uns dafür heute nicht gerecht und angemessen honoriert.«
Denn die Apotheke sei mehr als die logistische Abgabe eines Arzneimittels. Versorgung entstehe erst im persönlichen Kontakt – wenn beim Aushändigen des Arzneimittels Fragen kommen oder man als Heilberufler erkennt, der Patient braucht noch etwas, ob eine Rückfrage beim Arzt, einen aktualisierten Medikationsplan oder eine pharmazeutische Dienstleistung. Diese Versorgungsrealität würden viele Politiker gar nicht kennen, nur weil sie selbst (noch) nicht betroffen sind oder waren.
»Wir müssen deutlich machen, was wir leisten und was verloren geht, wenn Apotheken schließen – und zwar wir alle«, so die Kammerpräsidentin. Das sei nicht allein Aufgabe der Berufsvertretung oder der Apothekeninhabenden, sondern auch aller angestellten Apothekerinnen, Apotheker und PTA. Sie sollten ihren Abgeordneten aus ihrer persönlichen Situation schreiben, ihre Ängste und Belastung schildern, aber konstruktiv und nicht beleidigend.