Ohne Herstellerverantwortung mehr Verbraucherkosten |
Melanie Höhn |
08.07.2025 15:45 Uhr |
Kommunale Abwasserentsorger bekommen durch die Abwasserrichtlinie viele neue Pflichten, wodurch die Gebühren steigen werden: »Die kommunalen Haushalte sind angespannt wie nie und wenn dann jetzt noch zusätzliche Investitionen in die Abwasserreinigung anstehen, dann das ein sehr großes Problem«, so die approbierte Apothekerin, die bereits seit 2019 Mitglied im Europäischen Parlament ist und im Jahr 2024 wiedergewählt wurde. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sei in Abhängigkeit der Anlagengröße im Entsorgungsgebiet mit einer Kostensteigerung der Abwassergebühren in zweistelliger Prozenthöhe zu rechnen. Diese Anhebung träfe alle Haushalte, auch finanziell Schwächere, Gewerbebetriebe und abwasserintensive Industrien und würde sich im Kontext der stark gestiegenen Lebenshaltungskosten besonders negativ auswirken, so Paulus.
Thomas Abel, Geschäftsführer Abteilung Wasserwirtschaft, Verband kommunaler Unternehmen (VKU), bezeichnete die Herstellerverantwortung im Rahmen von KARL als »guten Kompromiss«. Seinen Berechnungen zufolge müssen in Deutschland durch die vierte Reinigungsstufe etwa 600 Kläranlagen ausgebaut und aufgerüstet werden. Einer Studie im Auftrag des VKU zufolge werden sich die Investitionen in den Ausbau und die jährlichen Betriebskosten für den Ausbau der vierten Reinigungsstufe in Deutschland auf eine Summe von fast 9 Milliarden Euro bis 2045 aufsummieren. Jede Diskussion, die die Umsetzung von KARL in Deutschland verzögere, »schafft unglaubliche Unsicherheit«, so Abel. »Es sind erhebliche Investitionen, die auf die kommunalen Abwasserentsorge zukommen. Solange wir diese Unsicherheit im System lassen, wird das eben gestoppt«.
Jeder, der ein Arzneimittel im Binnenmarkt in den Verkehr bringe, müsse zahlen – auch wenn in China oder Indien produziert werde, forderte Abel. Der Geschäftsführer befürwortete auch, dass noch mehr Sparten in die finanzielle Verantwortung gezogen werden, »wenn sie entsprechend verantwortlich« sind. »Aber auch das ist in der KARL-Richtlinie angelegt. Es gibt eine regelmäßige Überprüfung alle paar Jahre. Deswegen muss man das ganze Verfahren jetzt nicht anhalten und diese Unsicherheit in die Umsetzung hineinbringen. Es gehört zum normalen Prozess, dass das regelmäßig überprüft wird«, erklärte er weiter.
Für Bernd Fuchs, Erster Werkleiter der Münchner Stadtentwässerung, ist Planungs- und Investitionssicherheit ein »ganz wichtiges Gut«, um eine hohe Wasserqualität auch weiterhin sicherstellen zu können, erklärte er im Rahmen des Pressegesprächs. »Nur dann können wir fristgerecht die Investitionen anschieben und auch die Fristen der kommunalen Abwasserrichtlinie und deren Umsetzung einhalten. Die aktuelle Diskussion auf EU-Ebene störe an der Stelle, »weil wir wollen ja loslegen und planen«, sagte er.
Auch Bernd Düsterdiek, Beigeordneter für Städtebau, Vergabe, Umwelt- und Klimaschutz beim Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB), bezeichnete es als einen »Rückfall«, wenn die EU »auf den letzten Metern noch zurückweichen würde. »Die Planungen laufen auf Hochtouren und die Kommunen, die Städte und Gemeinden mit ihren kommunalen Abwasserbetrieben sind Garanten für eine saubere Umwelt in diesem Bereich. Sie wollen planbar und eben auch im Sinne der Bürgerinnen und Bürger für eine kostengerechte Abwasserbehandlung auch in Zukunft sorgen.«