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Pharmazeutische Betreuung

»Ohne die Apotheke geht es nicht«

Bei der Stärkung der Adhärenz und den pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) wird es immer um Vertrauen und den persönlichen Kontakt zum Patienten gehen. Das wurde bei der Mitgliederversammlung der Förderinitiative Pharmazeutische Betreuung (FI) in Berlin klar. Aber auch: Die Apotheken dürfen sich jetzt nicht zurücklehnen, wenn sie die pDL zum Fliegen bringen wollen.
Jennifer Evans
30.11.2023  09:00 Uhr

Die Möglichkeiten und Grenzen der Adhärenz-Messung war Thema des Festvortrags von Dr. Isabelle Arnet, Apothekerin und Privatdozentin an der Universität Basel. Sie machte am gestrigen Mittwoch im Rahmen der Mitgliederversammlung der Förderinitiative Pharmazeutische Betreuung (FI) deutlich, wie schwierig es ist, Patienten zu identifizieren, die ihre Arzneimittel entweder nicht einnehmen können oder nicht einnehmen wollen. Diejenigen, die in die letzte Kategorie fallen, sind in ihren Augen die weitaus herausforderndsten Typen. »Wie kriegen wir also die Bad Girls und Bad Boys?«, fragte sie.

Die beste Strategie, diese Menschen dennoch zur Einnahme ihrer Medikamente zu motivieren, ist Arnet zufolge eine geschickte Befragung. Im Gespräch könne man sie auf ihr ambivalentes Verhalten aufmerksam machen. »Wenn sie das erkannt haben, dann kippen sie«, berichtete Arnet. Allerdings müssten die Apothekerinnen und Apotheker dafür entsprechend geschult sein. Mit den geläufigen Methoden der Gesprächsführung sowie den üblichen Argumenten würden sie bei diesen Menschen nicht landen können, hob sie hervor.

Ein weiteres Ziel für die Apothekenteams muss es nach Arnets Auffassung sein, von ihren Patienten nicht gleich alles auf einmal zu verlangen. Stattdessen gehe es um kleine Schritte und regelmäßige Follow-ups. Auf diese Weise stelle sich ein positives Erlebnis ein und die Menschen schöpften Vertrauen. »Ich komme immer wieder auf die Apotheke zurück, ohne sie geht es nicht. Alles steht und fällt mit dem persönlichen Kontakt«, betonte die Referentin.

Nicht belehrend, sondern partnerschaftlich

Arnet verwies auf das aktuelle Vorgehen in den Niederlanden. Dort werde bei der Erstverordnung grundsätzlich zunächst eine Zehner-Packung abgegeben. Im Anschluss an die Einnahme erfolge dann ein Telefonat mit der Apotheke, die darin alle Details zur Einnahme im Alltag abfrage. »Um solche direkten Befragungen kommen wir in Zukunft nicht herum«, ist Arnet überzeugt. Umgekehrt muss der Patient der Apotheke vertrauen können. Grundsätzlich hält Arnet einen partnerschaftlichen Ansatz bei der Adhärenz für unabdingbar. 

Ihr Fazit: Die Anwendung von Arzneimitteln ist komplex. Bei der Adhärenz ist keine Messmethode perfekt. Das Problem: Nur das, was gemessen worden ist, kann auch analysiert werden. Und nur das, was analysiert worden ist, kann auch optimiert werden.

Die pharmazeutische Betreuung analysieren und optimieren wollen auch die praxisnahen Projekte, die die FI dieses Jahr zur Förderung auswählte. Ausschlaggebend für den Zuschlag waren demnach das Projektziel, die Methodik, die Innovationskraft sowie die Erfolgsaussichten, um die pharmazeutischen Dienstleistungen voranzubringen. Insgesamt haben sechs Projekte das Rennen gemacht und damit fördert die Initiative nun insgesamt zehn Projekte, was verhältnismäßig viel sei, wie es hieß.

Medikationsberatung? Was ist das?

Eines der Förderprojekte will die erweitere Medikationsberatung bei den Patienten bekannter machen, weil diese womöglich noch gar nicht so viel damit anfangen können. Mit anderen Worten, versteht der Kunde das Produkt überhaupt schon? Dazu sollen Patienten in der Apotheke ohne Vorselektion des Teilnehmerkreises einen Fragebogen ausfüllen. Abgefragt wird dabei unter anderem, ob die Person die Medikationsanalyse bereits kennt oder weiß, welche Menschen diese wozu benötigen könnten. Aber auch, welche Einstellung und Erwartungen der Befragte selbst damit verknüpft, wie viel Zeit er für eine solche Dienstleistung investieren würde oder was ihn womöglich davon abhält, diese in Anspruch zu nehmen.

Ziel ist es, 1500 Patienten in drei bis fünf Apotheken während eines Zeitraums von vier bis sechs Wochen zu erreichen. Das Konzept ist niedrigschwellig und mehrsprachig ausgelegt (Projektverantwortliche: Dr. Anja Braem von der Post-Apotheke Braunlage und Professor Dr. Hanna Seidling vom Universitätsklinikum Heidelberg).

Wie läuft die heilberufliche Kommunikation?

In einem weiteren Projekt geht es um die Kommunikation zwischen Arztpraxis und Apotheke. Die Projekt-Verantwortlichen sind sicher, dass in der Zusammenarbeit der beiden Berufsgruppen der Schlüssel für eine optimale Patientenversorgung liegt. Ziel ist es, Hürden und Chancen aufzudecken sowie zu analysieren, zu welchen Themen, wie häufig, auf welchen Kommunikationsweg und mit wie viel Zeitaufwand ein Austausch zwischen den Vertretern der Heilberufsgruppen stattfindet. Und auch, ob die Kommunikation einer Apotheke mit Hausärzten sich zu der zwischen einer Offizin und Fachärzten unterscheidet und ob die Verständigung im ländlichen beziehungsweise städtischen Raum sich maßgeblich unterscheidet.

Eines der Metaziele ist demnach, die Wahrnehmung der Apothekerinnen und Apotheker im Bereich der Humanmedizin zu stärken. Das Projekt findet in Zusammenarbeit mit der Sächsischen Landesapothekerkammer statt und soll Mitte 2024 starten (Projektverantwortliche: Professor Dr. Markus Bleckwenn, Dr. Anne Schrimpf, Dr. Annett Bräsigk, Paul Boack vom Institut für Allgemeinmedizin der Universität Leipzig).

Warum gibt es nicht mehr pDL?

Warum die Vor-Ort-Apotheken die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen hierzulande nur zögerlich implementieren, ist der Hintergrund eines weiteren Förderprojekts. Wo liegen also die Probleme bei der Umsetzung?

Aufschluss soll eine Online-Befragung sowie eine Reihe von persönlichen Interviews in den Vor-Ort-Apotheken liefern. Erste Ergebnisse liegen bei diesem Projekt bereits vor. Es zeichnet sich ab, dass bei der Blutdruckmessung sowie beim Üben der Inhalationstechnik Personal- und Zeitmangel die Hauptgründe dafür sind, warum eine Offizin die Leistung nicht anbietet. Auch der Dokumentationsaufwand sowie die nötige Datenschutzerklärung vor der Inhalationsschulung spielen eine Rolle.

Bei der pharmazeutischen Betreuung von Patientinnen und Patienten nach Organtransplantation sowie Menschen, die eine orale Antitumortherapie bekommen, haben die Befragten zum jetzigen Zeitpunkt vor allem die Sorge fehlender Kompetenz als Hindernis genannt.

Das Projekt ist nicht auf eine Kammerregion beschränkt und ist offen für weitere Teilnehmende (Projektverantwortliche: Professor Dr. Thilo Bertsche, Ann-Christin Krönert vom Institut für Klinische Pharmazie der Universität Leipzig).

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