Nifurtimox wieder verfügbar |
| Brigitte M. Gensthaler |
| 29.10.2025 13:05 Uhr |
Raubwanzen wie Triatoma pallidipennis tragen hauptsächlich zur Übertragung der Chagas-Krankheit bei. / © CDC/ CDC Connects
Der Wirkstoff Nifurtimox ist ein Nitrofuran-Derivat und wurde in den 1960er-Jahren unter der Bezeichnung »Bayer 2502« von der Bayer AG entwickelt. Seit 1967 wird es gegen die Chagas-Krankheit (Kasten) eingesetzt; in Kombination mit Eflornithin wird es auch gegen späte Stadien der westafrikanischen Schlafkrankheit gegeben.
Das Arzneimittel wird angeboten als Tabletten mit 30 oder 120 mg, die jeweils in zwei gleiche Dosen geteilt werden können. Zum leichteren Schlucken, zum Beispiel für Kleinkinder, kann man daraus auch eine Suspension herstellen. Es ist indiziert zur Behandlung der Chagas-Krankheit (Amerikanische Trypanosomiasis), verursacht durch Trypanosoma (T.) cruzi, bei Kindern ab der Geburt (Gewicht mindestens 2,5 kg) und Jugendlichen sowie bei Erwachsenen nach individueller Nutzen-Risiko-Einschätzung.
Das Medikament wird dreimal täglich eingenommen; die Dosierung richtet sich nach Alter und Körpergewicht. Die Therapie dauert 60 Tage bei Kindern und Jugendlichen sowie bis zu 120 Tage bei Erwachsenen.
Der Wirkmechanismus ist nach wie vor nicht vollständig aufgeklärt. Vermutlich schädigen toxische Zwischenmetabolite (Nitril-Derivate) und reaktive Sauerstoffspezies sowohl intra- als auch extrazelluläre Formen des Parasiten und induzieren DNA-Schäden und Zelltod.
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Nifurtimox wurden bei 330 Kindern und Jugendlichen (bis 18 Jahren) in der prospektiven Phase-III-Studie CHICO mit einer historischen Placebo-Kontrollgruppe nachgewiesen. Die Teilnehmer wurden über vier Jahre in der CHICO-SECURE-Studie nachbeobachtet.
Die Trypanosomen-Antikörper sanken nach einem Jahr bei etwa einem Drittel der Patienten, die 60 Tage lang behandelt wurden; in der Gruppe der Patienten unter zwei Jahren sprachen sogar 75 bis 87 Prozent an. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Erbrechen, Kopfschmerzen und verminderter Appetit. Im Follow-up erreichten Kinder unter zwei Jahren deutlich häufiger eine Serokonversion und wurden Antikörper-negativ (43 Prozent). Während der Langzeitbeobachtung gebaren 19 Frauen Kinder. Es gab keine kongenitale Transmission von T. cruzi bei den 16 Babys, für die Testergebnisse vorlagen.
Da Nifurtimox den Fetus schädigen kann, sollten Frauen während und für sechs Monate nach Therapieende eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Vor Beginn der Behandlung wird ein Schwangerschaftstest empfohlen. Männer mit Partnerinnen im gebärfähigen Alter sollten während und für drei Monate nach der letzten Nifurtimox-Dosis Kondome verwenden.
Chagas ist eine Infektionskrankheit, die durch Trypanosoma cruzi verursacht wird. Der einzellige Parasit wird durch blutsaugende Raubwanzen auf den Menschen übertragen. Seltener ist eine Übertragung von einer infizierten Schwangeren auf ihr Kind, durch Blut- oder Organtransplantation sowie durch Verzehr von ungekochten Lebensmitteln, die mit dem Kot infizierter Wanzen kontaminiert sind.
Die Chagas-Krankheit kommt hauptsächlich in ländlichen Gebieten Lateinamerikas vor, insbesondere in Mittel- und Südamerika. Weltweit sind 6 bis 7 Millionen Menschen infiziert. Durch Migration wurden auch Fälle in Nordamerika, Europa (Spanien) und anderen Teilen der Welt registriert.
Im akuten Stadium können Fieber, Urtikaria-artige Hautveränderungen und eine generalisierte Lymphadenitis auftreten. Das wird nicht selten als grippaler Infekt fehlgedeutet. Die Infektion kann in eine jahr(zehnt)elange symptomfreie chronische Phase übergehen. Etwa 30 bis 40 Prozent der Infizierten erleiden chronische Schäden des Herzens (Herzrhythmusstörungen, Herzvergrößerung und -schwäche) sowie des Verdauungssystems (Megaösophagus, Megakolon).
Unbehandelt kann die Erkrankung zum Tod führen. Zur Behandlung, vor allem der akuten Erkrankung, werden Benznidazol oder Nifurtimox eingesetzt