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Prophylaxe Dengue und Chikungunya 

»Nicht zu impfen, provoziert Infektionen«

Ein Impfstoff gegen Dengue-Fieber, der nur zurückhaltend empfohlen wird, und dazu noch miserable Durchimpfungsraten beim Basisimmunschutz: Professor Dr. Tomas Jelinek vom CRM Centrum für Reisemedizin mahnt eine bessere Infektionsprophylaxe vor Reisen an.
AutorKontaktElke Wolf
Datum 17.07.2024  18:00 Uhr

Die Infektionsfälle sind so hoch wie nie: Immer mehr Reisende bringen das von der Asiatischen Tigermücke und der Gelbfiebermücke übertragene Dengue-Fieber mit heim, wie Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) zeigen. Demnach wurden in Deutschland in den ersten 17 Wochen dieses Jahres 737 Dengue-Fälle übermittelt. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum 174 Fälle.

Grund sind die in vielen Ländern erheblich gestiegenen Fallzahlen, informiert das »Epidemiologische Bulletin 20/21« . Ein Beispiel dafür ist Brasilien. Seit Jahresbeginn wurden dort mehr als fünf Millionen Infektionen mit dem Dengue-Virus registriert – die bislang höchsten Fallzahlen in dem südamerikanischen Land. Neben Brasilien zählen vor allem Indonesien und Thailand zu den Ländern, aus denen die Reiserückkehrer in den ersten 17 Wochen dieses Jahres Dengue mit nach Deutschland brachten, zeigen die RKI-Daten. Eine weltweite Übersicht über aktuelle Ausbrüche ist auf der Webseite des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) zu finden.

»Dengue ist die sich am schnellsten ausbreitende Infektionskrankheit weltweit. Die Zahlen sind auf allen Erdteilen so hoch, dass man ohne Weiteres von einer Pandemie sprechen kann«, sagt Jelinek im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung. Seit 2010 sind auch in Südeuropa, etwa in Italien, Frankreich und Spanien, kleinere Cluster von autochthonen Übertragungen aufgetreten, also jene Infektionen, die die in der Region lebenden Betroffenen vor Ort durch Stechmücken erworben haben.

»Im Westen haben wir Dengue weitgehend ignoriert, weil es uns wenig betrifft. Gleichwohl ist es die wichtigste Krankheit, zu der Mediziner Reisende beraten müssen. Das Risiko, sich in zahlreichen Risikogebieten zu infizieren, ist für Reisende sehr reell vorhanden, wie die gestiegenen Importzahlen beweisen.«

Umso unverständlicher ist für den renommierten Reisemediziner die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), die seit eineinhalb Jahren verfügbare tetravalente attenuierte Lebendvakzine Qdenga® nicht als generelle Dengue-Prävention einzusetzen und ihre Verwendung nur auf Personen zu reduzieren, die bereits infiziert waren. »Eine gebremste Umsetzung der jetzt verfügbaren Möglichkeiten zur Prävention setzt Betroffene einem unnötigen Risiko durch die Infektion aus. Mit anderen Worten: Die derzeitige STIKO-Empfehlung provoziert Infektionen.«

Zwar sei auch Qdenga kein idealer Impfstoff, jedoch biete er eine deutliche Protektion gegen ein in vielen Ländern häufiges Virus, das schwere Krankheitsmanifestationen und in seltenen Fällen auch tödliche Komplikationen verursachen kann. Und: »Die Impfung bietet deutlich besseren Schutz als die reine Expositionsprophylaxe, die die einzige Alternative darstellt.« Das seit 2018 verfügbare Dengvaxia® ist dagegen nur für Menschen zugelassen, die bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben und in einem Endemiegebiet leben. Für Reisende aus Deutschland steht diese Vakzine außerhalb der Verbreitungsgebiete also nicht zur Verfügung.

Die STIKO-Empfehlung zu Qdenga basiere auf den Bedenken, die sich durch die Verwendung von Dengvaxia entwickelt hätten, erklärt der wissenschaftliche Leiter des CRM. Stichworte: Verstärkung der Effekte der Wildinfektion durch die bereits aufgrund der Impfung vorliegenden Antikörper. »Der neue Impfstoff Qdenga hat dieses Problem aber nicht. Bis jetzt gibt es nach mehr als 6 Jahren Nachbeobachtung der initialen Studienkohorte keine Infektionsverstärkung oder sonstiges Sicherheitssignal. Insofern ist es für mich nicht ersichtlich, warum man Reisenden in Endemiegebiete Qdenga vorenthalten sollte.« Im Gegensatz zur STIKO empfehlen etwa die Fachgesellschaft Reisemedizin oder mit Einschränkungen auch die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit diese Reiseimpfung, basierend auf der Zulassung ab dem 4. Lebensjahr.

Laut diesen Fachgesellschaften reicht auch eine einmalige Impfung vor der Ausreise für einen vorläufigen Schutz aus. Die zweite Impfung verbessere die Protektion nach Zulassungsdaten nicht, sondern verlängere ihn, erklärt Jelinek. »Hierbei mag es im Hinblick auf eine optimale Immunantwort sinnvoll sein, die Zweitimpfung tendenziell eher erst nach einem Jahr zu applizieren.« Die STIKO empfiehlt dagegen vor der Ausreise ausschließlich die zweimalige Impfung mit einem Mindestabstand von drei Monaten.

Die meisten Dengue-Infektionen – es gibt vier verschiedene Virus-Serotypen; die Infektion mit einem Serotyp schützt nicht vor den anderen drei – verlaufen asymptomatisch. Sie können aber auch zu einer grippeähnlichen Erkrankung führen, die nach einer Inkubationszeit von wenigen Tagen plötzlich einsetzt, meist mit hohem Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost und heftigen Knochen- und Gelenkschmerzen.

Eine zweite Infektion kann äußerst heimtückisch verlaufen: Wenn es nämlich zum Immunphänomen kommt, dass die Antikörper, die nach der ersten Infektion gebildet wurden, paradoxerweise dem neuerlichen Virus den Eintritt in die Wirtszellen erleichtern – was einen Zytokinsturm und in der Folge einen hämorrhagischen Verlauf wahrscheinlich macht. Die Mortalität bei schweren Verläufen liegt bei 1 bis 5 Prozent.

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