»Nicht zu impfen, provoziert Infektionen« |
»Freilich sind Impfungen vor mobilen Krankheitserregern immer zu überdenken, in jedem Fall sinnvoll aber ist ein guter Basisimpfschutz.« Jelinek plädiert dafür, in der reisemedizinischen Beratung besonderen Wert auf den Schutz vor »alltäglichen Krankheiten wie Keuchhusten, Zoster, Masern, Diphtherie oder auch FSME durch Zecken zu legen und die Chance zu Auffrischimpfungen zu nutzen«.
Die Reisemedizin hält Jelinek für eine geeignete Sparte, Impfquoten zu verbessern, »weil unsere Kundschaft ohnehin impfaffiner ist. Schließlich sucht sie uns mit dem Gedanken auf, präventiv tätig zu werden«. Jelinek beklagte eine gestiegene Impfskepsis bedingt durch die Pandemiezeit.
Bedauerlich sei auch das Wiederaufleben so einiger Infektionskrankheiten durch die Coronazeit. »Weil Präventionsmaßnahmen reduziert wurden und besonders Impfkampagnen gegen Masern eingestellt wurden, sehen wir nun die Konsequenzen.« So steigen in einigen (Nachbar-)ländern wie der Schweiz, England und Russland die Fallzahlen. Viele Länder, die vor der Pandemie als masernfrei galten, melden wieder Infektionen, etwa auf dem amerikanischen Kontinent.
Um den allgemeinen Impfwillen ist es in Deutschland ohnehin nicht gut bestellt. »Bei der adulten Vakzinierung liegt Deutschland regelmäßig ganz hinten.« So etwa bei einer EU-weiten Umfrage zu Durchimpfungsraten von Basisimmunisierungen wie Tetanus, Masern, Pneumokokken und Co. Großbritannien habe »dramatisch bessere Impfraten etwa bezüglich Influenza, Meningo- oder Pneumokokken«.
Woran liegt das? »Gesundheitsprävention hat hierzulande in der Politik und im ärztlichen Handeln keine hohe Priorität«, deutet Jelinek einer der Gründe aus. Zudem vermisst er niederschwellige Angebote. Insofern würde er es sehr begrüßen, wenn Apotheker die Möglichkeit bekommen würden, mehr zu impfen. »Im Gegensatz zu einigen meiner Standesvertreter bin ich überhaupt kein Gegner dieser Maßnahme. Die Erfahrung in vielen anderen Ländern zeigt eindeutig, dass durch die niederschwellige Möglichkeit, sich in Apotheken impfen zu lassen, die Impfquoten steigen.« Jelinek macht einen weiteren bemerkenswerten Hinweis: »Impfen muss fair vergütet werden. Momentan ist es so, dass man es sich als Facharzt gar nicht ernsthaft überlegt.«
Jeder einzelne könne dazu beitragen, die Verbreitung etwa von Dengue- oder Chikungunya-Viren hierzulande möglichst zu verhindern, appellieren Reise- und Tropenmediziner an den Präventionswillen der Bevölkerung. Wer im Sommer aus einem Endemiegebiet zurückkehrt oder hierzulande in einer Region lebt, in der Tigermücken verbreitet sind – zu den Gebieten gehören etwa die Region Oberrhein und der Süden Bayerns; auch in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Berlin wurden schon Tigermücken nachgewiesen – sollte auch nach der Rückkehr noch für mindestens zwei Wochen konsequenten Mückenschutz mit Repellentien betreiben.
»In der Theorie ist diese Vorgehensweise gar nicht so schlecht. Die meisten dieser Infektionen verlaufen asymptomatisch. Die Viruslast im Blut reicht aber dennoch aus, dass sich Mücken damit infizieren und das Virus unbemerkt in neue Regionen tragen können. Das Virus würde dann autochthon übertragen werden. Aber zu erwarten, dass Reiserückkehrer intensiv Repellents verwenden, um die Mücken vor sich zu schützen, ist eher unrealistisch«, gibt Jelinek zu bedenken.