Neues zur Entstehung der Mikrobiota |
Carolin Lang |
26.06.2024 18:00 Uhr |
Bei sieben Mutter-Kind-Paaren hat das Forschungsteam außerdem den Einfluss einer mütterlichen fäkalen Mikrobiota-Transplantation (FMT) nach einem Kaiserschnitt untersucht. Dabei erhält das Neugeborene einmalig mit der Muttermilch gereinigte Darmmikroben der Mutter, was die Entwicklung eines diversen Darmmikrobioms fördern soll.
Die Forschenden berichten, dass die FMT das durch den Kaiserschnitt gestörte mütterliche Seeding kompensieren konnte, was eine Proof-of-Concept-Studie aus dem Jahr 2020 bereits suggeriert hatte. Damals wurde das Mikrobiom der Babys bis drei Monate nach der Geburt ausgewertet, in der aktuellen Studie waren es zwölf Monate. Das Team konnte nun zeigen, dass das Verfahren über diesen Zeitraum zu einem erhöhten mikrobiellen Artenreichtum und einer geringeren Besiedlung mit pathogenen Keimen führte, räumt jedoch ein, dass die kleine Kohorte die Aussagekraft der Studie limitiere.
Durch die geringe Fallzahl könnten keine Aussagen darüber getroffen werden, ob die mikrobiellen Unterschiede wirklich eine Bedeutung für die Gesundheit haben, meint auch Härtel. Und weiter: »Dies betrifft auch die unzureichende Aussagekraft über Sicherheitsaspekte – wie eine eventuelle Keimübertagung – des FMT, die in einem größeren Kontext – idealerweise an mehreren Studienstandorten – untersucht werden sollten.«
In einer zweiten Studie analysierte eine Forschungsgruppe um Erstautorin Dr. Marta Selma-Royo, ebenfalls von der Universität Trient, den Einfluss verschiedener Geburtsumgebungen und -Methoden auf die Entstehung des Darmmikrobioms bei Neugeborenen im ersten Lebensjahr. Sie untersuchte die mütterliche Übertragung der Mikrobiota im Krankenhaus geborener (vaginal oder per Kaiserschnitt) und zu Hause geborener (vaginal) Säuglinge bei 34 Mutter-Kind-Paaren.
Die Gruppe kommt zu dem Ergebnis, dass sich der Geburtsort auf den Zeitpunkt der Transmission auswirkt – bei Hausgeburten ist er früher. Der Einfluss des Entbindungsortes auf das Mikrobiom war auch nach sechs Monaten noch signifikant, während dies bei der Geburtsmethode nicht mehr der Fall war.
»Wie erwartet zeigen Kinder nach Hausgeburt eine deutlich frühere Akquise von mütterlichen Bakterienstämmen als im Krankenhaus geborene Kinder. Die Unterschiede sind auch noch nach sechs Monaten nachweisbar«, kommentiert Härtel. Es blieben allerdings Fragen offen: »Sind die Mikrobiomunterschiede bei Hausgeburt-Kindern durch die Hausgeburt bedingt, oder sind eigentlich andere Faktoren wie der Lebensstil – die mit der mütterlichen Entscheidung zur Hausgeburt einhergehen – die entscheidenden Einflüsse für das kindliche Mikrobiom? Unter anderem stillen Mütter von Hausgeburt-Kindern länger als Mütter, die im Krankenhaus geboren haben.«