Neuer Wirkstoff bei Myelofibrose |
Brigitte M. Gensthaler |
07.03.2024 07:00 Uhr |
Bei Patienten mit Myelofibrose ist die Blutbildung im Knochenmark gestört. Viele brauchen im Lauf der Erkrankung Bluttransfusionen. / Foto: Shutterstock/Elnur
Myelofibrose ist eine seltene maligne Erkrankung des Knochenmarks, die schätzungsweise einen von 100.000 Menschen in der EU betrifft. Das mittlere Alter bei Diagnose liegt bei 65 Jahren; zwei Dittel der Patienten sind Männer. Bei der MF funktioniert die normale Produktion von Blutzellen im Knochenmark nicht mehr. Die Blutbildung wird zunehmend in Leber und Milz verlagert, was zu einer Vergrößerung dieser Organe, insbesondere der Milz (Splenomegalie) führt.
Man unterscheidet die primäre Myelofibrose von sekundären Formen, die aus anderen Knochenmarkserkrankungen wie Polycythaemia vera (PV) oder essenzieller Thrombozythämie (ET) entstehen. Typische Merkmale sind Fibrose des Knochenmarks, Splenomegalie, Thrombozytopenie mit Blutungsneigung, Infektneigung bei Leukozytopenie, Müdigkeit, Fatigue und Kurzatmigkeit bei Anämie sowie Allgemeinsymptome wie Nachtschweiß, Fieber und Knochenschmerzen. Bei der Diagnose sind bis zu 30 Prozent der Patienten asymptomatisch. Einzige kurative Therapie ist die allogene Stammzelltransplantation. Ist diese nicht indiziert oder möglich, kommen Januskinase-(JAK-)Inhibitoren wie Ruxolitinib oder Fedratinib infrage – jetzt auch Momelotinib.
Momelotinib (Omjjara® 100, 150 und 200 mg Filmtabletten, GSK) wird angewendet zur Behandlung von krankheitsbedingter Splenomegalie oder Symptomen bei Erwachsenen mit moderater bis schwerer Anämie, die an primärer oder sekundärer Myelofibrose erkrankt sind und die noch keinen JAK-Inhibitor bekommen haben oder die mit Ruxolitinib vorbehandelt sind.
Die Myelofibrose geht mit einer konstitutiven Aktivierung und Dysregulierung des JAK-STAT-Signalwegs einher, was zu verstärkter Inflammation und Hyperaktivierung des Aktivin-A-Rezeptors Typ 1 (ACVR1, auch Aktivin-Rezeptor-ähnliche Kinase 2, ALK-2 genannt) beiträgt. Hier greifen JAK-Inhibitoren ein. Fedratinib hemmt selektiv die JAK2 sowie zusätzlich die FMS-ähnliche Tyrosinkinase 3 (FLT3). Momelotinib blockiert wie Ruxolitinib die JAK1 und -2 und zusätzlich ACVR1-Rezeptoren. In der Folge sinken die hepatische Hepcidin-Expression und das zirkulierende Hepcidin, was die Eisenverfügbarkeit und Produktion roter Blutzellen erhöht und eine Anämie bessern kann.
Die empfohlene Dosis von einmal täglich 200 mg kann der Patient unabhängig von der Nahrung schlucken. Hat er eine Dosis vergessen, nimmt er am nächsten Tag planmäßig die nächste Tablette ein. Bei hämatologischen und nicht hämatologischen Toxizitäten, zum Beispiel Thrombozyto- und Neutropenie oder Anstieg der Leberwerte, kann die Dosis angepasst werden. Aufgrund dieser Nebenwirkungen sind ein großes Blutbild und Leberfunktionstests vor Beginn der Behandlung, dann in regelmäßigen Abständen und bei klinischer Indikation vorgeschrieben. Menschen mit schwerer Leberfunktionsstörung bekommen initial 150 mg täglich.