Neuer Wirkstoff bei Myelofibrose |
Brigitte M. Gensthaler |
07.03.2024 07:00 Uhr |
Patienten sollten während der Behandlung sorgfältig auf Infektionen überwacht werden, da teils schwere bakterielle und virale Infektionen aufgetreten sind. Während einer aktiven Infektion sollte die Therapie nicht begonnen werden. Bei Patienten mit chronischer Hepatitis-B-Infektion wurde ein Anstieg der HB-Viruslast beobachtet.
In der Fachinformation wird zudem gewarnt vor schweren kardiovaskulären und thromboembolischen Ereignissen, die unter dem JAK-Hemmer Tofacitinib aufgetreten sind. Solche Ereignisse wurden auch unter Momelotinib beobachtet, ein kausaler Zusammenhang ist aber nicht erwiesen. Dennoch wird eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung empfohlen. Dies gilt vor allem für Patienten ab 65 Jahren, Raucher und Ex-Raucher sowie Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen oder Risikofaktoren.
Momelotinib kann die Plasmakonzentrationen anderer Arzneimittel wie Rosuvastatin und Sulfasalazin erhöhen. Umgekehrt kann die gleichzeitige Gabe von starken CYP3A4-Induktoren, zum Beispiel Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin und Johanniskraut, dessen Exposition und damit Wirksamkeit vermindern. In diesem Fall müssen die Patienten zusätzlich auf Myelofibrose-Anzeichen überwacht werden.
Der neue JAK-Hemmer ist in Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Da nicht bekannt ist, ob er die Wirksamkeit von systemisch wirkenden hormonellen Kontrazeptiva verringert, sollten Frauen, die damit verhüten, während der Behandlung und für mindestens eine Woche nach der letzten Dosis zusätzlich eine Barrieremethode anwenden.
Momelotinib ist eine weitere Therapieoption bei Myelofibrose. Der Einsatz eines Januskinase-Hemmers bei dieser Erkrankung ist nicht neu. Ruxolitinib und Fedratinib zählen auch zu dieser Klasse. Hinsichtlich des zugelassenen Anwendungsgebietes sind sich zumindest Fedratinib und Momelotinib sehr ähnlich.
Eine vorläufige Einstufung als Schrittinnovation ist aber dennoch gerechtfertigt. Diese ergibt sich daraus, dass Momelotinib zusätzlich den Aktivin-A-Rezeptor Typ 1 (ACVR1) inhibiert. Damit wird die Hepcidin-Expression in der Leber herunterreguliert, was zu einer erhöhten Eisenverfügbarkeit und Erythrozyten-Produktion führt. Dieses zusätzliche Wirkprinzip ist insbesondere dann relevant, wenn eine Anämie vorliegt. Und das ist oft schon zum Zeitpunkt der Diagnose der Fall oder die Betroffene entwickeln im Laufe der Erkrankung eine Anämie. Momelotinib, das nur bei Myelofibrose-Patienten mit moderater bis schwerer Anämie zugelassen ist, könnte in diesem Kollektiv somit einen Therapiefortschritt darstellen und ist damit vorerst als Schrittinnovation zu sehen.
Sven Siebenand, Chefredakteur