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Bempedoinsäure

Neuer oraler Lipidsenker

Bempedoinsäure ist ein neuer Cholesterolsenker mit einem neuartigen Wirkmechanismus. Da er an einer anderen Stelle als die Statine in die Biosynthese von Cholesterol eingreift, soll er keine muskelbezogenen Nebenwirkungen haben.
Kerstin A. Gräfe
03.12.2020  07:00 Uhr

Seit November ist ein neuer Cholesterol-Synthesehemmer auf dem Markt: Bempedoinsäure ist als Monopräparat (Nilemdo® 180 mg Filmtabletten) sowie als Kombinationspräparat mit Ezetimib (Nustendi® 180 mg/10 mg Filmtabletten, beides Daiichi Sankyo) erhältlich. Die Präparate kommen bei erwachsenen Patienten mit primärer Hypercholesterolämie oder gemischter Dyslipidämie zum Einsatz, adjuvant zu einer Diät. Dabei können sie in Kombination mit einem Statin allein oder einem Statin plus anderen lipidsenkenden Therapien bei Patienten angewendet werden, deren LDL-Cholesterol-Zielwerte mit der maximal verträglichen Statin-Dosis nicht erreicht werden. Zudem können die Präparate als Monotherapie oder in Kombination mit anderen lipidsenkenden Therapien bei Patienten eingesetzt werden, die eine Statin-Intoleranz aufweisen oder bei denen Statine kontraindiziert sind.

Der Wirkmechanismus ist neu: Im Gegensatz zu Statinen ist Bempedoinsäure ein Prodrug, das in der Leber durch die langkettige Acyl-CoA-Synthetase-1 (ACSVL1) aktiviert wird. Der aktive Metabolit ETC-1002-CoA hemmt das Enzym Adenosintriphosphat-Citrat-Lyase (ACL). Dieses wandelt im Zytosol Citrat in Acetyl-CoA um, was wiederum eine zentrale Ausgangssubstanz für die Cholesterol-Biosynthese ist. Ähnlich wie bei den Statinen führt die Hemmung von ACL zu einer Hochregulation der hepatischen LDL-Rezeptoren; infolgedessen sinkt der LDL-C-Plasmaspiegel. Zusätzlich führt die ACL-Inhibition zu einer Suppression der Biosynthese von Fettsäuren in der Leber.

Die empfohlene Dosis beträgt 180 mg einmal täglich. Bempedoinsäure kann bei gleichzeitiger Anwendung mit Statinen deren Plasmaspiegel und somit das Risiko für Myopathien erhöhen. Die Patienten sind darüber aufzuklären und anzuweisen, jegliche Anzeichen wie Muskelschmerzen und -schwäche unverzüglich zu melden. Treten derartige Symptome auf, sind eine Dosisreduktion des Statins, ein Wechsel des Statins oder ein Abbruch der Bempedoinsäure-Behandlung in Erwägung zu ziehen.

Vorsicht bei gleichzeitiger Simvastatin-Gabe

Ein Sonderfall stellt diesbezüglich Simvastatin dar, dessen Plasmaspiegel bei gleichzeitiger Anwendung im Vergleich zu anderen Statinen stärker anstiegen. Für betroffene Patienten gilt, dass sie nicht mit mehr als 20 mg Simvastatin täglich behandelt werden sollten. Ausgenommen sind Hochrisikopatienten, die 40 mg Simvastatin pro Tag erhalten dürfen. Die gleichzeitige Gabe von höheren Dosen als 40 mg Simvastatin täglich ist kontraindiziert.

Bempedoinsäure kann die Harnsäurespiegel im Serum erhöhen und eine Hyperurikämie verursachen beziehungsweise verschlimmern. Tritt eine Hyperurikämie zusammen mit Gichtsymptomen auf, ist die Behandlung abzusetzen. In den klinischen Studien wurde eine Erhöhung der Leberwerte beobachtet. Vor der Einleitung der Therapie sind daher Leberfunktionstests durchzuführen. Bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung sollten sie regelmäßig erfolgen.

Bempedoinsäure hemmt die beiden organischen Anionen-Transporter OATP1B1 und OATP1B3. Die gleichzeitige Anwendung mit Arzneimitteln, die Substrate von OATP1B1 oder OATP1B3 sind (etwa Bosentan, Glecaprevir, Grazoprevir, Voxilaprevir und Statine), kann zu erhöhten Plasmakonzentrationen dieser Arzneimittel führen. Des Weiteren hemmt Bempedoinsäure in vitro den OAT2-Transporter. Dies ist womöglich die Erklärung dafür, dass unter der Therapie geringfügige Erhöhungen des Serumkreatinins und der Harnsäure beobachtet wurden. Eine potenzielle Erhöhung der Plasmakonzentrationen von Arzneimitteln, die Substrate von OAT2 sind, kann bei gleichzeitiger Gabe nicht ausgeschlossen werden. Ferner kann Bempedoinsäure in klinisch relevanten Konzentrationen zu einer schwachen Inhibition von OAT3 führen.

In Schwangerschaft und Stillzeit ist Bempedoinsäure kontraindiziert. Frauen müssen während der Behandlung eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Patientinnen, die beabsichtigen schwanger zu werden, sind anzuweisen, die Einnahme von Nilemdo vor dem Abbruch der Anwendung von Verhütungsmaßnahmen zu beenden.

Alternative für Patienten mit Statin-Intoleranz

Die Zulassung basiert auf vier randomisierten Phase-III-Studien des umfangreichen CLEAR-Studienprogramms an insgesamt 3623 Patienten mit Hypercholesterolämie (CLEAR Harmony, CLEAR Wisdom, CLEAR Tranquility und CLEAR Serenity). Die Probanden wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert und erhielten einmal täglich entweder 180 mg Bempedoinsäure oder Placebo zusätzlich zur Standardtherapie über einen Zeitraum von 12 bis 52 Wochen. Der primäre Endpunkt in allen Studien war die mittlere prozentuale Reduzierung des LDL-Cholesterol-Werts in Woche 12 gegenüber dem Studienbeginn im Vergleich zu Placebo.

Bei der Auswertung wurde danach differenziert, ob es sich um Patienten mit manifester atherosklerotischer kardiovaskulärer Gefäßerkrankung und/oder heterozygoter familiärer Hypercholesterolämie und einer Statin-Therapie (Gruppe 1) oder um Patienten mit Statin-Unverträglichkeit handelte (Gruppe 2). Bei Patienten in Gruppe 1 (n = 3009) lag der mittlere Ausgangswert des LDL-Cholesterols bei 107,6 mg/dl. Nach zwölf Wochen hatte Bempedoinsäure additiv zur maximal verträglichen Statin-Therapie den LDL-C-Wert in Relation zum Ausgangswert placebokorrigiert signifikant um 17,8 Prozent gesenkt. Zudem erreichten mit Nilemdo signifikant mehr Patienten dieser Gruppe einen LDL-Wert im Zielbereich unter 70 mg/dl (28,9 versus 8,0 Prozent). In Gruppe 2 (n = 614) lag der durchschnittliche Ausgangswert des LDL-Cholesterols mit 144,4 mg/dl höher als in Gruppe 1. Auch in dieser Gruppe konnte mit Bempedoinsäure placebokorrigiert eine signifikante LDL-C-Reduktion um 24,5 Prozent erzielt werden.

Die häufigsten Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Bempedoinsäure waren Hyperurikämie, Schmerzen in einer Extremität und Anämie. Unter Nilemdo brachen mehr Patienten die Behandlung aufgrund von Muskelkrämpfen, Diarrhö, Schmerzen in einer Extremität und Übelkeit ab, wenngleich der Unterschied nicht signifikant war.

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