Neuer JAK-Hemmer bei kreisrundem Haarausfall |
Kerstin A. Gräfe |
01.11.2023 07:00 Uhr |
In etwa 80 Prozent der Fälle betrifft der kreisrunde Haarausfall das Kopfhaar; er kann bei Männern aber auch im Bartbereich vorkommen. / Foto: Getty Images/ VioletaStoimenova
Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata) ist eine chronische, immunvermittelte Erkrankung, die durch akuten oder chronischen Haarausfall gekennzeichnet ist und Menschen in jedem Lebensalter betreffen kann. Die Ursachen sind ungeklärt. Off Label werden verschiedene Strategien verfolgt, um das Immunsystem zu beeinflussen. Dazu zählt unter anderem die Behandlung mit unspezifischen Immunsuppressiva, zum Beispiel mit Glucocorticoiden, Methotrexat oder Ciclosporin. Mit dem Januskinase-(JAK-)Hemmer Baricitinib (Olumiant®) ist seit vergangenem Jahr eine zugelassene Therapie zur Behandlung der schweren Form der Erkrankung verfügbar.
Ritlecitinib (Litfulo™ 50 mg Hartkapseln, Pfizer) ist ebenfalls indiziert zur Behandlung von schwerer Alopecia areata. Im Gegensatz zu Baricitinib, das nur für erwachsene Patienten bestimmt ist, kommt Ritlecitinib aber bereits ab einem Alter von zwölf Jahren zum Einsatz. Der neue Wirkstoff hemmt irreversibel und selektiv die Januskinase 3 (JAK3). Zudem inhibiert er Enzyme aus der Familie der TEC-Kinasen. Sowohl JAK3- als auch TEC-vermittelte Signalwege scheinen an der Pathogenese der Alopecia areata beteiligt zu sein. Die genaue Pathophysiologie ist noch unverstanden.
Die empfohlene Dosis beträgt 50 mg einmal täglich. Die Hartkapseln können unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Wenn nach 36 Wochen Behandlungsdauer kein therapeutischer Nutzen feststellbar ist, sollte erwogen werden, die Therapie zu beenden.
Nicht empfohlen wird der neue JAK-Hemmer bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz oder nach Nierentransplantation. Bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung ist Ritlecitinib kontraindiziert. Gleiches gilt für das Vorliegen aktiver, schwerwiegender Infektionen, einschließlich Tuberkulose (TB). Ebenso besteht eine Kontraindikation in Schwangerschaft und Stillzeit. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung und für einen Monat nach der letzten Dosis eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden.
Die Behandlung mit Ritlecitinib kann mit einer Verringerung der Lymphozyten und Blutplättchen einhergehen. Vor Behandlungsbeginn sollten die absolute Lymphozytenzahl (ALC) und die Thrombozytenzahl bestimmt werden. Bei Patienten mit einer ALC < 0,5 × 103/mm3 oder einer Thrombozytenzahl < 100 × 103/mm3 sollte die Therapie nicht eingeleitet werden. Vier Wochen nach Therapiebeginn sollten beide Parameter erneut bestimmt werden, anschließend entsprechend der Routineversorgung des Patienten. Je nach hämatologischen Laborwertveränderungen kann eine Unterbrechung oder ein Absetzen erforderlich werden.