Neuer Colitis-ulcerosa-Wirkstoff im Handel |
Kerstin A. Gräfe |
03.05.2024 07:00 Uhr |
Bauchkrämpfe, oft im linken Unterbauch, sind neben Durchfällen Symptome einer Colitis ulcerosa. Zur Behandlung ist mit Etrasimod ein neuer Wirkstoff auf dem Markt. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Etrasimod (Velsipity® 2 mg Filmtabletten, Pfizer) ist ein Sphingosin-1-Phosphat(S1P)-Rezeptor-Modulator. S1P ist ein Signalmolekül, das an verschiedenen physiologischen und pathophysiologischen Prozessen beteiligt ist. Seine Effekte vermittelt es über fünf S1P-Rezeptor-Subtypen (S1P1 bis 5). Bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen sind vor allem S1P1 und untergeordnet S1P4 und S1P5 von Interesse, da sie an der Regulierung des Immunsystems beteiligt sind: Sie beeinflussen die Migration der Lymphozyten aus den Lymphknoten in den Blutkreislauf. Dabei folgen die Lymphozyten einem Konzentrationsgefälle von S1P zwischen lymphatischem Gewebe (niedrig) und Blutkreislauf (hoch).
Der genaue Wirkmechanismus von Velsipity bei Colitis ulcerosa (CU) ist nicht bekannt. Vermutet wird eine verringerte Migration der Lymphozyten in Entzündungsherde, da Etrasimod an S1P1, S1P4 und S1P5 bindet. Dies führt zu einer Internalisierung der Rezeptoren und folglich zu deren Abbau. Man geht davon aus, dass es in der Folge zu einem Sensibilitätsverlust der Lymphozyten auf den S1P-Gradienten kommt, wodurch diese in den Lymphknoten verbleiben. Somit nimmt die Lymphozytenanzahl im peripheren Blut und damit die der aktivierten Lymphozyten im Gewebe ab.
Das neue Präparat wird bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver CU ab einem Alter von 16 Jahren eingesetzt. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen auf eine konventionelle Therapie oder ein Biologikum unzureichend oder gar nicht angesprochen haben oder diese nicht vertragen.
Nicht angewendet werden darf Velsipity bei Patienten mit Immunschwäche, schweren aktiven oder aktiven chronischen Infektionen sowie mit Krebserkrankungen und schweren Leberproblemen. Kontraindiziert ist der Wirkstoff zudem bei Patienten, die an bestimmten Herzerkrankungen mit Rhythmusstörungen leiden oder gelitten haben (ausgenommen sind Patienten, die über einen Herzschrittmacher verfügen). Des Weiteren ist Etrasimod kontraindiziert bei Patienten, die in den vergangenen sechs Monaten einen Myokardinfarkt, eine instabile Angina pectoris, einen Schlaganfall, eine transitorische ischämische Attacke, eine dekompensierte Herzinsuffizienz mit stationärer Behandlung oder eine Herzinsuffizienz der Klasse III/IV erlitten haben.
Ferner darf Velsipity nicht während der Schwangerschaft und von gebärfähigen Frauen eingenommen werden, die keine wirksame Form der Empfängnisverhütung anwenden. Auch in der Stillzeit ist das neue Medikament kontraindiziert.