Neuer Colitis-ulcerosa-Wirkstoff im Handel |
Kerstin A. Gräfe |
03.05.2024 07:00 Uhr |
Des Weiteren sind unter S1P-Rezeptor-Modulatoren Fälle von Malignomen (einschließlich der Haut) aufgetreten. Die Patienten sollten vor ungeschützter Sonneneinstrahlung gewarnt werden und keine gleichzeitige Phototherapie mit UV-B-Strahlung oder PUVA-Photochemotherapie erhalten.
Selten kam es unter S1P-Rezeptor-Modulatoren zu einem PRES (posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom). Bei der Erkrankung schwillt das Gehirn an. Zu den Symptomen zählen Kopfschmerzen, Veränderungen des Sehvermögens, verminderte Wachheit, Verwirrtheit und Krampfanfälle.
Etrasimod sollte nicht zusammen mit Wirkstoffen verabreicht werden, die mäßige bis starke Inhibitoren oder Induktoren von zwei oder mehr der CYP-Enzyme 2C8, 2C9 und 3A4 sind, da das Risiko einer erhöhten beziehungsweise verminderten Etrasimod-Konzentration besteht. Nicht empfohlen wird die Anwendung von Etrasimod bei Patienten, von denen bekannt ist oder vermutet wird, dass sie langsame CYP2C9-Metabolisierer sind.
Die Zulassung basiert auf den Phase-III-Studien ELEVATE UC 52 und ELEVATE UC 12 mit CU-Patienten im Alter von 16 bis 80 Jahren. Die Teilnehmenden erhielten randomisiert im Verhältnis 2:1 entweder täglich 2 mg Etrasimod oder Placebo. An der zwölfwöchigen Studie ELEVATE UC 12 zur Induktionstherapie nahmen 354 Patienten teil. Die ELEVATE-UC-52-Studie mit 433 Patienten umfasste eine zwölfwöchige Induktionsphase, gefolgt von 40 Wochen Erhaltungstherapie. Die primären Wirksamkeitsendpunkte waren der Anteil der Patienten mit klinischer Remission in Woche 12 und Woche 52.
Unter Etrasimod erreichten in Woche 12 mit 27 Prozent signifikant mehr Patienten den primären Endpunkt als unter Placebo mit 7 Prozent. Signifikant war der Unterschied auch in Woche 52: 32 Prozent unter Etrasimod versus 7 Prozent unter Placebo.
In das ELEVATE-Studienprogramm wurden auch 64 CU-Patienten mit isolierter Proktitis (Etrasimod n = 42, Placebo n = 22) eingeschlossen. Für die Betroffenen, bei denen die Entzündung auf den Enddarm beschränkt ist, stehen bisher nur begrenzt Therapien zur Verfügung. In Woche 12 (beide Studien) und Woche 52 (ELEVATE UC 52) erreichten in einer Post-hoc-Analyse 42,9 und 44,4 Prozent der Patienten unter Etrasimod den primären Endpunkt einer klinischen Remission (Placebo: 13,6 und 11,1 Prozent).
Als sehr häufige Nebenwirkung tritt eine Lymphopenie auf. Zu den häufigen unerwünschten Wirkungen zählen Harnwegsinfektion, Infektion der unteren Atemwege, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Hypertonie, Sehverschlechterung und erhöhte Leberenzyme.
Etrasimod ist nach Ozanimod der zweite S1P-Rezeptor-Modulator in der Indikation Colitis ulcerosa (CU). Während Ozanimod an die Rezeptorsubtypen 1 und 5 bindet, dockt Etrasimod zusätzlich an den Subtyp 4 an. Dass dieser Unterschied von großer Bedeutung ist, muss man allerdings infrage stellen. Denn vor allem S1P1 findet sich auf der Oberfläche von T-Lymphozyten und regelt deren Austritt aus den Lymphknoten. Deshalb scheint die Wirkung auf den S1P1-Rezeptor für die Wirksamkeit beider Substanzen entscheidend zu sein.
Trotz der vielen Gemeinsamkeiten gibt es aber auch zwei Unterschiede. Diese rechtfertigen, Etrasimod vorläufig bei den Schrittinnovationen einzustufen. Unterschied 1: Während Ozanimod nur bei erwachsenen Patienten zugelassen ist, darf Etrasimod bereits ab einem Alter von 16 Jahren zum Einsatz kommen. Der Arzneistoff könnte somit in der Transition zukünftig eine Rolle spielen. Anders als Infliximab und Adalimumab, die auch in diesem Alter zum Einsatz kommen können, ist Etrasimod eine orale Therapie.
Unterschied 2: Patienten mit isolierter Proktitis (IP) werden in klinischen Studien bei CU oft ausgeschlossen. Nicht so bei Etrasimod: In der Zulassungsstudie konnte mit einer Subgruppenanalyse eine gute Wirksamkeit auch bei diesen Patienten gezeigt werden, bei denen die Entzündung auf den Enddarm beschränkt ist.
Sven Siebenand, Chefredakteur