Neuer Ansatz beim trockenen Auge |
Die neue Wirkstoffklasse der RASP-Inhibitoren greift gleich zu Beginn in die Entzündungskaskade ein. / Foto: Getty Images/manusapon kasosod
Das trockene Auge (Sicca-Syndrom) gehört zu den häufigsten Augenkrankheiten. Etwa 15 bis 17 Prozent der deutschen Bevölkerung ist betroffen, heißt es in der Leitlinie »Trockenes Auge« des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA) und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG).
Die Symptome reichen von mildem Unbehagen im Sinne von Fremdkörpergefühl über Trockenheitsgefühl oder Kratzen bis hin zu stärksten Schmerzen und Sehverschlechterung. Zur Behandlung werden nicht medikamentöse Maßnahmen und medikamentöse Therapien, oftmals kombiniert, eingesetzt. Tränenersatzprodukte sind nach den aktuell gültigen Therapieempfehlungen Mittel der Wahl.
Signifikante Fortschritte im Verständnis der Pathophysiologie der Tränenfilmdysfunktion haben in den letzten Jahren die Entwicklung von Arzneistoffen zur Behandlung der Symptome befördert (siehe Kasten). Ein neuer Ansatz zielt auf reaktive Aldehydspezies (RASP) ab.
Zu den Neuerungen bei trockenem Auge zählt zum Beispiel das Präparat Xiidra™ mit dem Wirkstoff Lifitegrast, das 2016 in den USA zugelassen wurde. Dabei handelt es sich um einen Antagonisten am Leukozyten-Funktions-Antigen 1 (LFA-1). Dieses Integrin befindet sich auf der Oberfläche von T-Zellen. LFA-1 bindet an den Liganden ICAM-1, der beim trockenen Auge in der Cornea überexprimiert ist. Die LFA-1/ICAM-1- Interaktion führt zu einer T-Zell-vermittelten Entzündungsreaktion, die Lifitegrast unterbindet.
2021 gab die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA grünes Licht für ein weiteres Medikament zur Anwendung beim trockenen Auge: Tyrvaya™ von Oyster Point Pharma ist ein Vareniclin-haltiges Nasenspray. Das Spray wird zweimal täglich angewendet; pro Sprühstoß wird eine Dosis von 0,03 mg Vareniclin abgegeben. Der genaue Wirkmechanismus ist ungeklärt. Vermutet wird, dass Vareniclin als Neurostimulator nach intranasaler Anwendung eine Aktivierung des Parasympathikus über die nasozilliären Bahnen des Trigeminus bewirkt, wodurch die Tränenproduktion gesteigert wird.