Neue Option bei fortgeschrittenem Nierenkrebs |
Kerstin A. Gräfe |
30.04.2025 07:00 Uhr |
Die bedingte Zulassung in der Indikation Nierenzellkarzinom basiert auf der Phase-III-Studie LITESPARK-005 an 746 Patienten mit nicht resezierbarem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem klarzelligen Nierenzellkarzinom. Sie erhielten randomisiert entweder einmal täglich 120 mg Belzutifan oder 10 mg Everolimus. Die beiden primären Endpunkte waren das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben.
Bei der ersten Zwischenanalyse nach median 18,4 Monaten war das Progressions- oder Sterberisiko in der Belzutifan-Gruppe signifikant um 25 Prozent gegenüber Everolimus reduziert. Die Ergebnisse der zweiten Interimsanalyse waren konsistent mit denen der ersten: Nach median 25,7 Monaten war das Progressions- oder Sterberisiko unter Belzutifan 26 Prozent geringer als unter Everolimus. In puncto Gesamtüberleben zeigte Belzutifan gegenüber Everolimus zwar eine tendenzielle Verbesserung; das Ergebnis erreichte jedoch keine statistische Signifikanz.
Basis der Zulassung bei VHL-assoziierten Tumoren bildet die offene Phase-II-Studie LITESPARK-004 mit 61 Patienten. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war die objektive Ansprechrate. Nach median 21,8 Monaten zeigten 49 Prozent der Patienten mit Nierenzellkarzinom ein objektives Ansprechen. Ein Ansprechen wurde auch bei 77 Prozent der Patienten mit Pankreasläsionen und bei 30 Prozent der Patienten mit Hämangioblastomen des zentralen Nervensystems beobachtet.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Belzutifan zählen neben Anämie und Hypoxie Ermüdung/Fatigue, Übelkeit, Dyspnoe und Schwindelgefühl.
Ist beim Nierenzellkarzinom oder Von-Hippel-Lindau-(VHL-)Syndrom-assoziierten Tumoren das VHL-Gen verändert und fällt das VHL-Protein aus, ist ein außer Kontrolle geratener HIF-Signalweg die Folge. Der Hypoxie-induzierbare Faktor (HIF) akkumuliert, was zu einer Proliferation von Zellen, Tumorwachstum und gesteigerten Angiogenese führt.
Mit Belzutifan ist der erste Vertreter einer neuen Wirkstoffklasse auf dem Markt eingeführt. Als erster HIF-2α-Hemmer stellt Belzutifan eindeutig eine Neuerung in der onkologischen Pharmakotherapie dar. Allein der neue Wirkmechanismus rechtfertigt die vorläufige Einordnung bei den Sprunginnovationen. Hervorzuheben ist dabei auch, dass HIF-2α ein Transkriptionsfaktor ist, eine Kategorie von Molekülen, an denen sich Medikamentenforscher auch heute noch oft die Zähne ausbeißen und in diesem Zusammenhang sogar das Wort »undruggable« benutzen.
Auch die Studienergebnisse des Neulings können sich sehen lassen. So war Belzutifan in der LITESPARK-005-Studie bei Nierenkrebspatienten dem mTOR-Inhibitor Everolimus überlegen. Die aktuelle Leitlinie empfiehlt allerdings in der Rezidivsituation Everolimus nicht als Monotherapie, sondern mit dem Kinasehemmer Lenvatinib. Diesen Vergleich hat LITESPARK-005 nicht vorgenommen.
Interessant wird sein, wie es mit Belzutifan weitergeht. Der Einsatz in früheren Therapielinien, in Kombination mit anderen Medikamenten und bei anderen Tumorarten wird derzeit geprüft.
Sven Siebenand, Chefredakteur