Neue Kombi bei erektiler Dysfunktion |
Kerstin A. Gräfe |
08.04.2022 07:00 Uhr |
Die Zulassung basiert unter anderem auf den Studien VP004 und VP005 mit rund 2700 beziehungsweise 1200 Teilnehmern. Die Probanden erhielten entweder 25 µg Aviptadil /2 mg Phentolamin, 25 µg Aviptadil/ 1 mg Phentolamin oder Placebo. Die Anzahl der Grad-3-Responder – definiert als Patienten mit einer für die vaginale Penetration ausreichenden Erektion (klinische Beurteilung) oder Geschlechtsverkehr im häuslichen Bereich – lag in der Verumgruppe von VP004 bei 1674 Männern (74 Prozent) und in der Placebogruppe bei 53 Männern (12 Prozent). Ein ähnliches Ergebnis hatte die VP005-Studie: In der Verumgruppe erreichten 747 Patienten (73 Prozent) das Therapieziel, in der Placebogruppe 26 (13 Prozent).
Bei etwa 10 Prozent der Behandelten kam es zu Nebenwirkungen. Als häufigste unerwünschte Wirkung traten Hitzegefühle auf. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Tachykardie und Palpitationen. Zudem können an der Injektionsstelle Blutungen und Blutergüsse auftreten.
In der Therapie der erektilen Dysfunktion haben die oral verfügbaren PDE-Hemmer den höchsten Stellenwert. Allerdings sprechen nicht alle Männer darauf an oder es bestehen Kontraindikationen. Daher ist es gut, dass für die medikamentöse Therapie auch die intraurethrale und intrakavernöse Applikation von Wirkstoffen als mögliche Alternativen zur Verfügung stehen. Auch das neue Präparat Invicorp® wird in den Schwellkörper injiziert. Die Wirkstoffkombination enthält mit Phentolamin einen alten Bekannten und mit Aviptadil einen zumindest für den deutschen Markt neuen Wirkstoff. Die Kombination wirkt bei erektiler Dysfunktion synergistisch und Aviptadil wartet mit einem neuartigen Wirkprinzip auf, sodass eine Einstufung als Schrittinnovation berechtigt ist. Dies untermauern auch Studiendaten. Sie sind zwar nicht sehr umfassend, aber zeugen bisher von einer guten Wirksamkeit und Verträglichkeit. Direkte Vergleiche mit anderen Therapien bei erektiler Dysfunktion wären wünschenswert.
Ganz so neu ist Aviptadil übrigens nicht. Die synthetische Formulierung des vasoaktiven intestinalen Peptids besitzt in der EU seit mehreren Jahren den Orphan-Drug-Status, unter anderem zur Behandlung des akuten Atemnotsyndroms. Um die Lunge zu schützen, wird Aviptadil auch für die Therapie schwer erkrankter Covid-19-Patienten untersucht. Hier ergibt sich für den Wirkstoff also möglicherweise noch ein weiteres Einsatzgebiet und dann gegebenenfalls eine Einstufung als Sprunginnovation.
Sven Siebenand; Chefredakteur