| Theo Dingermann |
| 19.11.2025 18:00 Uhr |
Interessant in dieser Hinsicht sind vor allem die Daten aus Australien, die wie üblich einen Vorgriff auf das mögliche Infektionsszenario auf der Nordhalbkugel bieten. Dort wurde im Winter 2025 (also unserem Sommer) die zahlenmäßig bisher schwerste Grippesaison registriert, mit etwa 10 Prozent mehr gemeldeten Fällen als im Vorjahr. Gegen Saisonende setzte sich zunehmend auch dort die H3N2-Subklade-K durch, die nun in UK und auch in Japan dominiert.
Früh veröffentlichte Daten aus Kanada, die vor allem auf dem Infektionsgeschehen auf der südlichen Hemisphäre basieren, beschreiben diese Variante explizit als »schlecht passend« (Mismatch) zum gegenwärtig verwendeten H3N2-Impfstamm. Auch diese Publikation lässt erwarten, dass die Subklade-K-Viren in der Saison 2025/26 eine dominierende Rolle auf der Nordhalbkugel spielen werden. Dazu passend wurde in Japan bereits im Oktober eine Grippe-Epidemie ausgerufen. Zudem legen Stichproben aus UK und Japan nahe, dass bis zu 90 Prozent der H3N2-Nachweise der neuen Subklade zuzurechnen sind.
Vor diesem Hintergrund richtet sich der Fokus der Epidemiologen auch auf die Effektivität der aktuellen Impfstoffe. In einer »normalen« Saison liegt die Effektivität der Influenza-Impfstoffe (Vaccine Effectiveness; VE) typischerweise zwischen 20 und 70 Prozent, abhängig vom Alterssegment und von der Passgenauigkeit der Stämme.
Für die laufende Saison zeigen die bislang verfügbaren Daten ein differenziertes Bild:
Diese Werte fügen sich in die Beobachtung ein, dass Kinder von der Impfkampagne nach wie vor deutlich profitieren, während die durch den Drift bedingte Antigenabweichung den Schutz Erwachsener stärker reduziert.
Parallel berichten internationale Übersichtsartikel, dass in Jahren, in denen der Impfstoff hinsichtlich der H3N2-Auswahl deutlich suboptimal war, die Wirksamkeit insgesamt bis auf etwa 30 Prozent absinken kann. Unter diesem Aspekt wird der diesjährige Mismatch durch die Subklade K als deutlich, aber nicht als Totalausfall des Impfschutzes gewertet. Wichtig ist zudem, dass die bekannten Mutationsmuster weder Hinweise auf eine reduzierte Empfindlichkeit gegenüber Neuraminidasehemmern noch auf eine erhöhte Virulenz der Viren liefern.
Dr. Jamie Lopez Bernal, beratender Epidemiologe für Immunisierung bei der UK-Health Security Agency wird in einem Beitrag auf dem Gavi-Newsportal wie folgt zitiert: »Wichtig ist, dass wir unabhängig davon, welche Virenstämme diesen Winter hier zirkulieren, darauf vertrauen können, dass der Impfstoff weiterhin dazu beiträgt, die am stärksten gefährdeten Personen vor schweren Erkrankungen und Krankenhausaufenthalten zu schützen. Wir empfehlen allen, die dafür infrage kommen, sich so schnell wie möglich gegen Grippe impfen zu lassen – dies ist nach wie vor unsere beste Verteidigung gegen schwere Erkrankungen.«