Neue Evidenz zu Cranberry |
Carolin Lang |
21.04.2023 15:00 Uhr |
Die Wirkung von Cranberrys bei Blasenentzündung wird auf die enthalten Proanthocyanidine zurückgeführt. / Foto: Adobe Stock/mlramos
Cranberrys werden seit Jahrzehnten zur Vorbeugung von Harnwegsinfektionen eingesetzt. Die enthaltenen Proanthocyanidine sollen das Anhaften von Escherichia coli – als häufigstem Erreger einer Blasenentzündung – an den Urothelzellen der Blase hemmen. Ein Cochrane-Review bietet nun einen Überblick zur aktuellen Evidenzlage von Cranberry-Saft, -Kapseln oder -Tabletten zur Prävention wiederkehrender Harnwegsinfekte. Es ist das inzwischen fünfte Update eines Reviews, das erstmalig 1998 und zuletzt 2012 publiziert wurde. Bisher konnte kein Benefit durch Cranberry-Produkte festgestellt werden, was sich mit der neusten Version nun ändert.
In das Update flossen 26 neue Studien ein, sodass sich die Gesamtzahl nun auf 50 randomisiert-kontrollierte Studien mit insgesamt 8857 Teilnehmenden beläuft. In 45 der Studien wurden Cranberry-Präparate mit Placebo oder keiner Behandlung bei insgesamt sechs Personengruppen verglichen. Darunter waren 26 Studien, die im Hinblick auf das Auftreten symptomatischer, durch Kulturen verifizierter Harnwegsinfektionen einer Metaanalyse unterzogen werden konnten.
Mit »moderater Evidenz« reduzierten Cranberry-Produkte das relative Risiko insgesamt um 30 Prozent (6211 Probandinnen und Probanden; RR 0,70; 95% CI 0,58 bis 0,84). Bei Differenzierung der Studien nach Personengruppen reduzierten Cranberry-Präparate das relative Risiko
Mit »schwacher Evidenz« wurde ein geringer oder gar kein Nutzen bei älteren, institutionalisierten Männern und Frauen (n = 1489) sowie bei Schwangeren (n = 765) und bei Erwachsenen mit neuromuskulärer Blasenfunktionsstörung und unvollständiger Blasenentleerung (n = 464) beobachtet.
Ob sich die Wirksamkeit von Cranberry-Saft und -Tabletten sowie von unterschiedlichen Proanthocyanidin-Dosierungen unterscheidet, lässt sich durch das Review nicht beantworten, da die Evidenz zu diesen Fragestellungen sehr gering war.
»Die Daten unterstützen die Verwendung von Cranberry-Produkten zur Verringerung des Risikos symptomatischer, durch Kulturen verifizierter Harnwegsinfektionen bei Frauen mit wiederkehrenden Harnwegsinfektionen sowie bei Kindern und bei Menschen, die nach Eingriffen anfällig für Harnwegsinfektionen sind«, schlussfolgert die Arbeitsgruppe. Bei älteren Menschen, Patienten mit Blasenentleerungsstörungen oder Schwangeren sprächen die vorliegenden Daten hingegen nicht für eine Anwendung.
»Mit neuer Evidenz können sich neue Erkenntnisse ergeben. In diesem Fall zeigt die neue Evidenz, dass Cranberry-Saft Harnwegsinfektionen bei anfälligen Menschen vorbeugen kann«, kommentiert Seniorautor Professor Dr. Jonathan Craig von der Flinders University, Australien, die Ergebnisse. »Wir haben die Wirksamkeit von Cranberry-Produkten bei der Behandlung von Harnwegsinfektionen anhand aller seit Mitte der neunziger Jahre zu diesem Thema veröffentlichten Daten nachgewiesen. In den früheren Versionen dieser Übersichtsarbeit gab es nicht genügend Evidenz, um die Wirksamkeit zu bestimmen, und nachfolgende klinischen Studien zeigten unterschiedliche Ergebnisse, aber in dieser aktualisierten Übersichtsarbeit hat die Menge der Daten dieses neue Ergebnis erbracht«, führt er aus.
Dennoch seien weitere randomisiert-kontrollierte Studien nötig, um mehr Klarheit darüber zu gewinnen, wer bei Harnwegsinfektionen von Cranberry-Produkten profitiert, schreibt die Arbeitsgruppe abschließend.